Leisten- oder Nabelbruch (Hernie)
Leisten- oder Nabelbruch (Hernie) - ist da was gebrochen?
Der Begriff "Hernie" leitet sich von dem griechischen Wort "hernios" ab und bedeutet "Knospe". Er beschreibt eine Vorwölbung mit Austritt von Eingeweiden aus der Bauchhöhle durch eine angeborene oder erworbene Lücke in den tragenden Bauchwandschichten. Dort ist nichts gebrochen, sondern vielmehr überdehnt und gerissen. Ursache ist meist eine angeborene Neigung zur Hernienbildung. Aktuelle Untersuchungen konnten dies auch im Erbgut von Hernienträgern nachweisen. Dies erklärt die Häufung von Hernien innerhalb einzelner Familien. Hernien bestehen typischerweise aus einer Bruchpforte, einem Bruchsack und einen Bruchinhalt. Die Bruchpforte entsteht an einer Schwachstelle in der Bauchwand. Diese kann angeboren sein oder erst später auftreten, zum Beispiel im Bereich einer Operationsnarbe.
Der Bauchraum ist von einer dünnen Gleitschicht ausgekleidet, dem Bauchfell, auch Peritoneum genannt. Dieses stülpt sich durch die Bruchpforte und wird so zum Bruchsack, in den sich dann Teile aus der Leibeshöhle hineinverlagern können. Dabei handelt es sich meist um Dünndarmschlingen oder Teile des großen Netzes (Omentum majus). Je nach Lage und Bruchpfortengröße finden sich auch Teile des Magens, des Dickdarms, der Blase oder ein Eierstock im Bruchsack. Dies ist nicht ohne Risiko, denn wenn Dünndarmschlingen in den Bruchsack geraten, können diese abknicken und die Darmpassage stören (Darmverschluss) oder die Durchblutung des eingeklemmten Darmanteils beeinträchtigen (Darmischämie und Nekrose). Treten solche Komplikationen auf, muss schnellstmöglich operiert werden.
Hernia inguinalis - Leistenhernie
Hernien treten an verschiedenen Körperstellen auf. Die häufigste Hernienform ist jedoch die Leistenhernie. Allein in Deutschland ist sie mit über 180.000 Operationen die häufigste geplante Operation. Leistenhernien können in ganz unterschiedlichen Ausprägungen auftreten. Vor allem bei Kindern kommen sie recht oft vor und müssen bei Diagnose meist operativ entfernt werden, da sonst Komplikationen auftreten können. Bei Erwachsenen, die keinerlei Beschwerden haben, kann zunächst abgewartet werden ("watchfull waiting"). Führt die Leistenhernie aber zu Symptomen wie Schwellungen, Schmerzen oder Einklemmungen, muss zügig operiert werden.
Naht- und Netzverfahren bei der Operation
Bei Leistenhernien stehen mehrere Operationsmethoden zur Verfügung. Prinzipiell unterscheiden wir das Nahtverfahren von den Netzverfahren. Kunststoffnetze werden zur Verstärkung der Bauchwand eingesetzt, um ein erneutes Auftreten zu vermeiden. Diese Netzprothesen können in offener Technik von vorne/außen oder mit minimal invasiver Technik von hinten/innen eingesetzt werden.
Welche Operationstechnik für den einzelnen Patienten die richtige ist, entscheiden wir anhand individueller morphologischer Risikofaktoren und anderen, systemischen Risikofaktoren wie familiäre Disposition, Alter oder Nikotinkonsum. Nicht jede Leistenhernie muss zwangsläufig mit einem Netz versorgt werden. So kann bei kleineren Hernien ohne wesentliches Risikoprofil auch ein Nahtverfahren (Shouldice) durchgeführt werden. Bei den offenen Verfahren kann auch noch während der Operation entschieden werden, ob eine Reparation mit oder ohne Netzverstärkung notwendig ist. Bei größeren Leistenhernien und entsprechendem Risikoprofil empfiehlt sich aber immer eine Netzverstärkung der Leistenregion. Dies kann offen, als Lichtenstein-Reparation, oder minimal invasiv als laparoskopisch durchgeführte trans-abdominale präperitoneale Plastik (TAPP-Technik) durchgeführt werden. Besonderer Vorteil dieses Zugangs ist die zeitgleiche Kontrolle und Reparation der Gegenseite.
Hernia umbilicalis - Nabelhernie
Auch bei der operativen Versorgung von Nabelhernien wird nicht grundsätzlich eine Netzstärkung durchgeführt. Typische Risikofaktoren für das erneute Auftreten eines Bruchs nach einer Operation sind vor allem Übergewicht und eine Defektgröße von mehr als zwei bis drei Zentimetern. Bei diesen Patienten ist eine Netzverstärkung sinnvoll. Dabei versuchen wir, die Netzprothese zwischen den Schichten der Bauchwand zu platzieren. Je nach Größe des Fasziendefektes wird mit der PUMP-Technik (Praeperitoneale-Umbilikale-Mesh-Plastik) oder mit der klassischen retromuskulären Netzaugmentation gearbeitet.