Zentrum für Humangenetik und Genommedizin ist Teil des europaweiten ELRIN Projekts zur Long-Read Sequenzierung bei seltenen Erkrankungen

Das Zentrum für Humangenetik und Genommedizin der Uniklinik RWTH Aachen ist Teil des europaweiten Forschungsprojekts ELRIN (European Long Read Innovation Network), das sich der Anwendung von Long-Read-Sequenzierung bei seltenen Erkrankungen widmet. Anknüpfend an das in Deutschland gegründeten lonGER-Konsortium verfolgt ELRIN das Ziel, die klinische Implementierung auf europäischer Ebene voranzutreiben und zu harmonisieren. 

Eine Erkrankung gilt als selten, wenn nicht mehr als einer von 2.000 Menschen von ihr betroffen sind. Da es weit mehr als 7.000 unterschiedliche seltene Erkrankungen gibt, sind weltweit nach Schätzungen über 350 Millionen von einer solchen Krankheit betroffen. Seltene Erkrankungen sind in den meisten Fällen genetischen Ursprungs und können schwer diagnostizierbar sein, da sie aufgrund der Seltenheit unbekannt und die Symptome oft unspezifisch sind.

Eine wichtige Säule der Diagnostik von seltenen Erkrankungen ist die genomische Sequenzierung, die bislang vorwiegend durch so genannte „Short-Read-Sequenzierungen“ erfolgte. Hierdurch lässt sich bei Verdacht auf eine seltene Erkrankung in ca. 30% der Fälle die genetische Ursache finden – viel Luft also für neue Wege der Ursachenklärung. Die Nanopore-Sequenzierung spielt eine zunehmend bedeutende Rolle bei der Entschlüsselung der genetischen Grundlagen dieser Erkrankungen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Short-Read-Sequenzierungsmethoden ermöglicht diese Technologie die Echtzeit-Analyse sehr langer DNA- oder RNA-Moleküle. Dadurch können auch bislang schwer zugängliche Genomabschnitte untersucht werden – etwa homologe Gene, repetitive Sequenzen oder Bereiche mit strukturellen Variationen. Die Nanopore-Technologie liefert schnelle und umfassende genetische Analysen und birgt das Potenzial, Diagnosen zu erleichtern sowie personalisierte Therapien für Patienten mit seltenen Erkrankungen gezielt zu verbessern.

Bereits vor knapp zwei Jahren wurde in Deutschland mit den Universitätskliniken in Aachen, Berlin, Hannover und Tübingen das durch Oxford Nanopore Technologies geförderte lonGER Konsortium ins Leben gerufen, um die Nanopore-Sequenzierung als diagnostisches Mittel für Patienten mit seltenen Erkrankungen in der klinischen Praxis zu etablieren. Durch die Nanopore-Sequenzierung können Forscher und Kliniker eine präzisere Diagnostik vornehmen, was zu einer schnelleren Behandlung und einer besseren Lebensqualität für die Betroffenen führen kann.

Anknüpfend an lonGER wurde nun eine europaweite Initiative, ELRIN (European Long Read Innovation Network), gegründet, um die klinische Implementierung auch auf europäischer Ebene weiter voranzutreiben und zu harmonisieren. An ELRIN sind neben dem Zentrum für Humangenetik und Genommedizin der Uniklinik RWTH Aachen weitere Standorte aus Deutschland und Universitätskliniken aus Großbritannien, Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Dänemark, Schweden, Finnland, Italien, der Schweiz, Österreich, Slowenien, Rumänien und Tschechien beteiligt. 

„Wir haben in Aachen bereits sehr früh auf die Nanopore Technologie gesetzt und gehören inzwischen zu einem der führenden Standorte in Deutschland und Europa. Die Anwendung erlaubt uns heute schon Krankheitsursachen zu finden, die uns bislang verborgen geblieben sind“, so Prof. Ingo Kurth, Direktor für Humangenetik am Zentrum für Humangenetik und Genommedizin. „Die Daten helfen uns zudem, pharmakogenomische Analysen wesentlich präziser durchführen zu können, als es uns früher möglich war“ ergänzt Frau Prof. Miriam Elbracht, Direktorin für Klinische Genomik am Zentrum für Humangenetik und Genommedizin.

„Die Technologie gibt uns die Möglichkeit auch regulatorische Veränderungen an der DNA, die sogenannte DNA Methylierung, zu analysieren und somit ein besseres Verständnis von Krankheitsmechanismen zu erhalten“, so Dr. Florian Kraft, Leiter des Bereichs „Nanopore Sequencing“ am Zentrum für Humangenetik und Genommedizin. 

Ziel von ELRIN ist die Erstellung eines europäischen Katalogs von mehr als 10.000 humanen Genomen von Patienten und Patientinnen mit seltenen Erkrankungen. Die Datensätze sollen das Grundgerüst bilden, um die genomische Variabilität besser zu verstehen und somit an mit diesem Verfahren erhobenen Daten zu lernen und häufige und seltene Variation besser unterscheiden zu können. Hieraus erwächst auch ein Benefit für Patienten, deren Erkrankungen in der Folge besser aufgeklärt werden können. Die bereits in den letzten Jahren in Aachen umfangreich gesammelten Daten werden für das Projekt eine wichtige Rolle spielen.

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