Prof. Khosrow Mottaghy

Eb. 6, Gang D, Raum 25

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Forschungsschwerpunkte

Künstliche Organe (European Society for Artificial Organs)

Biomaterialforschung

Hämorheologie

Die Hämorheologie beschäftigt sich vorwiegend mit der Mechanik des Blutes. Substanzen können nach ihren mechanischen Eigenschaften in Festkörper (elastische Materialien), Flüssigkeiten (visköse Materialien) und viskoelastische Stoffe eingeteilt werden. Eine Flüssigkeit ist dadurch gekennzeichnet, dass eine konstant von außen einwirkende Kraft zur kontinuierlichen (vorwiegend plastischen) Deformation, d.h. zum Fließen führt. Man unterscheidet zwischen sog. Newtonschen und nicht-Newtonschen Flüssigkeiten. Bei den erstgenannten gilt das Newtonsche Gesetz, d.h. es besteht eine lineare Beziehung zwischen einwirkender Kraft und resultierendem Fluss. Die meisten einfachen Flüssigkeiten wie Wasser oder Öl zeigen Newtonsches Verhalten. Bei nicht-Newtonschen Flüssigkeiten ist das Verhältnis nicht linear. Solche Flüssigkeiten können ebenfalls homogene Materialien sein oder, wie im Falle einiger biologischer Fluide, aus zwei oder mehr Phasen bestehen.

Blut ist ein komplex zusammengesetztes System aus mehreren Phasen. Rheologisch gesehen stellt es eine Emulsion aus Blutzellen dar, welche in dem (annähernd) newtonischen Blutplasma suspendiert sind. Die Blutzellen verhalten sich mechanisch gesehen analog zu Flüssigkeitstropfen, sind jedoch umhüllt von Membranen, die elastisches Festkörperverhalten aufweisen. Hierdurch erhalten auch die Blutzellen selbst komplexe mechanische Qualitäten. Insbesondere die Viskosität des Blutes stellt eine komplexe, inkonstante Größe dar.

Die Beeinträchtigung der physiologischen Eigenschaften des Blutes beim Kontakt mit Biomaterialien (Künstliche Organe, extrakorporale Zirkulation...) ist strömungsabhängig. Bereits in einem einfachen Schlauch, durch den das Blut fließt, ändert sich die Strömungsgeschwindigkeit von der Mitte des Schlauches bis zur Wand hin, so dass verschiedene Schubspannungen - insbesondere an der Innenwand - auftreten können. Dieser Schlauch kann ferner mit einem Konnektor verbunden sein, der eine plötzliche Erweiterung oder Verengung des Systems darstellt. Im Bereich der Verbindungsstelle können Sekundärströmungen (Wirbel) auftreten, die z.B. die Thrombozytenaggregation beeinflussen. Entstehende Aggregate bzw. die Inhaltsstoffe der Thrombozyten können in einem anderen Bereich des Systems (z. B. im Dialysator) zu einer Störung bzw. zu einer Erhöhung der Kontaktaktivierung führen.

  • Taylor-Couette-System
    • In dieser Arbeitsgruppe werden verschiedene Strömungsmodelle entwickelt, die Hämokompatibilitätsuntersuchungen unter Berücksichtigung der Blutströmung erlauben. Die an der Grenzfläche Biomaterial-Blut unter definierten Strömungsbedingungen stattfindenden Gerinnungsprozesse werden ebenso wie andere zelluläre und plasmatische Mechanismen der Aktivierung untersucht.
  • Chandler-Loop
  • Fluss-Modelle

Taylor-Couette-System

Die Beeinträchtigung der physiologischen Eigenschaften des Blutes beim Kontakt mit Biomaterialien ist in hohem Maße strömungsabhängig (siehe auch Hämorheologie). Viele in vitro-Modelle berücksichtigen daher unterschiedliche Schergrade. Sekundärströmungen, wie sie z.B. in Stenosebereichen auftreten, haben ebenfalls einen entscheidenden Einfluss auf zelluläre und plasmatische Gerinnungsaktivitäten. Plötzlich auftretende Erweiterungen oder Verengungen eines Systems stellen Störstellen dar, in deren Bereich Sekundärströmungen (Wirbel) auftreten können. Die in diesen Bereichen entstehenden Thrombozytenaggregate bzw. freigesetzte Inhaltsstoffe aktivierter Zellen können in einem anderen Bereich des Systems zu einer Störung (Thrombus) bzw. zu einer Erhöhung der Kontaktaktivierung führen. Das konzipierte Strömungsmodell beruht auf dem Prinzip der Couette-Strömung. Es ermöglicht die Trennung von laminarer (Abb.1) und mit Sekundärströmung behafteter (Abb.2) Hauptströmung. Die Interaktion des Blutes mit Biomaterialien kann unter verschiedenen Strömungsbedingungen bei ausgewählten Schubspannungen untersucht werden. Der Grad der Thrombozytenadhäsion am Material, die Proteinadsorption sowie die thrombozytäre Aktivierung stehen im Mittelpunkt der Untersuchungen. Der Einfluss auf die Thrombozytenaktivierung wird durchflusszytometrisch (CD62P, PAC1, Fibrinogen) und mit Hilfe von ELISA-Tests (PF4- bzw. ß-TG-Ausschüttung) ermittelt. Humanblut wird bei konstantem Schergrad (G=400-800 s-1) 10 min laminarer bzw. mit Sekundärströmung behafteter Strömung exponiert, wobei sich entweder der Aussenzylinder oder aber der Innenzylinder dreht. Im ersten Fall stellt sich der in (Abb.1) dargestellte laminare Fluss zwischen den Zylindern ein. Bei der Rotation des Innenzylinders hingegen treten bei dem gewählten Schergrad Taylor-Wirbel (Abb.2) auf. 

Die folgenden Abbildungen zeigen den Versuchsaufbau (links) bzw. auftretende Taylor-Wirbel in humanem Blut (rechts):

Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass die in einem blutdurchflossenen System vorliegenden Strömungsverhältnisse zelluläre und plasmatische Gerinnungsvorgänge in hohem Maße beeinflussen. Die auftretenden Sekundärströmungen bedingen - besonders im Hinblick auf die Thrombozyten - eine Veränderung in den physiologischen Antworten des Blutes auf den Kontakt mit Biomaterialien.