Endokrine Chirurgie

Chirurgie der Hormon produzierenden Organe

Im Fachgebiet "Endokrine Chirurgie" therapieren wir in erster Linie Erkrankungen der Hormon-produzierenden Organe wie Schilddrüse, Nebenschilddrüse und der Nebennieren sowie neuroendokrine Tumore des Verdauungstraktes. Aufgrund des relativen Jodmangels ist in Deutschland die "euthyreote Struma", also die Schilddrüsen-Vergrößerung ohne Funktionsstörung, recht häufig.

Schilddrüsenchirurgie

Eine Schilddrüsenoperation kommt immer dann in Frage, wenn lokale Beschwerden aufgetreten sind, der Verdacht auf eine bösartige Erkrankung besteht oder sich das Organ in einer untypischen Lage befindet. Auch wenn eine Überfunktion der Schilddrüse mit konservativen Mitteln nicht erfolgreich behandelt werden konnte, muss eine Operation in Betracht gezogen werden. Die Operationsindikationen stellen wir in enger Zusammenarbeit mit niedergelassenen Kollegen sowie mit der Sektion Endokrinologie und Diabetologie der Medizinischen Klinik III hier im Hause. Dabei berücksichtigen wir grundsätzlich auch alternative therapeutische Optionen wie etwa die Radiojodtherapie.

Unser Operationsspektrum umfasst Solitärknoten (symptomatische Knoten, Knoten und Zysten mit Malignitätsverdacht, autonome Knoten), die Knotenstruma, die Immunogene Hyperthyreose vom Typ Basedow, konservativ nicht beherrschbare jodinduzierte Thyreoitoxikosen und thyreotoxische Krisen, die Thyreoiditis mit Malignitätsverdacht und die Rezidivstruma.

Diagnostik

Bevor eine Operation durchgeführt wird, empfehlen wir zunächst eine Hals-Nasen-Ohrenärztliche Untersuchung der Stimmlippenfunktion, insbesondere, wenn eine auffällige Stimme oder Voroperationen im Halsbereich vorliegen. Neben der laborchemischen Charakterisierung steht uns in der Basisdiagnostik von Schilddrüsenerkrankungen die Sonographie (Ultraschall) zur Verfügung. Mit deren Hilfe können wir das Ausmaß der vorzunehmenden Operation planen. Erfasst werden hierbei die Ausdehnung, Organstruktur, Hinweise auf Bösartigkeit und extrathyreoidale Veränderungen. Der Ultraschall wird durch eine Szintigraphie (nuklearmedizinisches Verfahren) zur Funktionsdifferenzierung bei atypisch lokalisierten Strumen sowie vor Wiederholungseingriffen ergänzt.

Wie viel Gewebe operativ entfernt werden muss, hängt vom zu behandelnden Krankheitsbild ab. Während der Operation wird das Schilddrüsengewebe im Labor feingeweblich beurteilt. So kann noch während der Operation die weitere Vorgehensweise bestimmt werden. Besteht der Verdacht auf einen bösartigen Knoten, sollte der Schilddrüsenlappen auf der betroffenen Seite komplett entfernt werden. Bei komplett knotig verändertem Schilddrüsengewebe oder multiplen Knoten auf beiden Seiten sollte die Schilddrüse ganz oder fast ganz entfernt werden (Thyreoidektomie). Beim M. Basedow ist ebenfalls eine Thyreoidektomie erforderlich.

Allgemein lassen sich folgende Resektionsformen abgrenzen:

  • Enukleation
  • Knotenexcision
  • Isthmusresektion
  • Subtotale Lappenresektion
  • Fast-totale (near total) Lappenresektion
  • Hemithyreoidektomie / Lappenresektion
  • Hemithyreoidektomie mit kontralateral subtotaler Resektion (nach Hartley-Dunhill)
  • Beidseits subtotale Resektion
  • Fast-totale Thyreoidektomie
  • (Totale) Thyreoidektom 

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Die schonende Darstellung des N. laryngeus recurrens mindert das Risiko einer Nervenschädigung und wird sowohl bei Primäreingriffen als auch bei Wiederholungseingriffen durchgeführt. In unserer Klinik werden die Stimmbandnerven immer unter Zuhilfenahme des Neuromonitorings identifiziert und ihre Funktion bereits intraoperativ dokumentiert. Üblicherweise sind unsere Patienten bereits am zweiten bis dritten Tag nach der Operation entlassungsfähig.

Die postoperative Hormongabe dient dem Erhalt einer euthyreoten Stoffwechsellage (normale Schilddrüsenwerte) sowie der Rezidivprophylaxe bei vorhandenem Restschilddrüsengewebe abhängig vom endgültigen pathologischen Befund. Sie bedarf einer regelmäßigen Kontrolle der Schilddrüsenparameter.

Nebenschilddrüsenchirurgie

Die Nebenschilddrüsenchirurgie spielt vor allem bei primären und sekundären Funktionsstörungen der Nebenschilddrüsen eine Rolle. So kann ein primäres Adenom, eine gutartige Geschwulst oder eine Überfunktion auslösen, die nicht medikamentös therapierbar ist. Die sekundäre Nebenschilddrüsen-Überfunktion tritt häufig bei Patienten mit Nierenfunktionsstörungen auf und erfordert ebenfalls häufig eine chirurgische Entfernung.

Die präoperative Diagnostik bei Veränderungen der Nebenschilddrüsen beziehungsweise Hyperparathyreoidismus umfasst die Sonographie, die Radionukleotid- Szintigraphie (MIBG) sowie weiterführende bildgebende Verfahren mittels CT oder MRT. Die laborchemischen Untersuchungen umfassen die Bestimmungen folgender Parameter: Calcium, Phosphat, intaktes PTH, Kreatinin i. Serum, Calcium-/Kreatinin- Quotient im Urin, Vitamin D-Metabolite (25-Hydroxyvitamin D, 1,25(OH)2-Vitamin D). Intraoperativ führen wir in unserer Klinik stets drei hochsensitive Schnelltests zur Bestimmung des Parathormonspiegels durch. Damit kann nach korrekter Entfernung eines Adenoms ein Abfall des Parathormonspiegels im Blut beobachtet und so der Erfolg der Operation überprüft werden. Ist dieser Abfall nicht nachweisbar, erfolgt die beidseitige Untersuchung aller vier Nebenschilddrüsenkörperchen. Auch in der Nebenschilddrüsenchirurgie werden die Stimmbandnerven stets mit Hilfe des intraoperativen Neuromonitorings identifiziert und ihre Funktion intraoperativ dokumentiert.

Nebennierenchirurgie

Chirurgisch bedeutsam sind gut- und bösartige Nebennierentumore, die entweder hormonaktiv oder inaktiv sind. Typische Erkrankungen der Nebenniere sind das Conn-Syndrom (Hyperaldosteronismus), das Cushing-Syndrom (Hyperkortisolismus) und das Phäochromozytom (Katecholaminexzess). Die Diagnostik der Nebennierentumoren umfasst endokrinologische Methoden und bild gebende Verfahren.

Neben der Diagnostik ist auch in der Therapieplanung und der Nachsorge eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von Endokrinologen und Chirurgen, wie sie in unserem Hause fest etabliert ist, von besonderer Bedeutung. In der Behandlung gutartiger Nebennierenvergrößerungen beziehungsweise -tumoren ist in unserer Chirurgischen Klinik die minimal invasive Chirurgie das Standardverfahren. Bei größeren und bösartigen Nebennierentumoren bevorzugen wir in der Regel die klassische Operationstechnik, da hier häufig ein radikaleres Vorgehen mit eventueller Entfernung benachbarter Organstrukturen notwendig sein kann.

Neuroendokrine Tumoren des Gastrointestinaltraktes

Neuroendokrine Tumore (NET) haben in den letzten Jahrzehnten an Häufigkeit zugenommen. Die Prognose für die Patienten hat sich dank der frühen Diagnosestellung in den letzten Jahren deutlich verbessert. Neuroendokrine Tumore des Magens werden häufig zufällig während einer Gastroskopie entdeckt. Die Mehrzahl dieser Tumore ist kleiner als ein bis zwei Zentimeter und kann bei guter Differenzierung endoskopisch abgetragen werden. Alle anderen Tumore sollten operiert werden.

Neuroendokrine Tumore des Dünndarms werden oft erst im Stadium der Lebermetastasierung entdeckt. Daher ist die Resektion des Primärtumors mit Lymphadenektomie oft unvermeidlich, gegebenenfalls auch die Tumorresektion bei Vorliegen von Metastasen. Die insgesamt sehr seltenen neuroendokrinen Tumore des Kolorektums bedürfen ebenfalls der üblichen radikalchirurgischen Therapie.

Die kurative Resektion von Lebermetastasen neuroendokriner Tumoren ist wegen der ausgedehnten, häufig bilobären Metastasierung nur bei ca. 20 Prozent aller Patienten möglich. Bei Patienten mit Karzinoidsyndrom hat die Leberresektion nach extrahepatischer Tumorresektion jedoch einen hohen palliativen Stellenwert. In Einzelfällen kann auch eine Lebertransplantation erwogen werden.