Startschuss für „LEUKO-Expert“ zur Diagnoseunterstützung bei Seltenen Erkrankungen

Im Rahmen des Förderschwerpunkts „Digitale Innovationen für die Verbesserung der patientenzentrierten Versorgung im Gesundheitswesen“ richtet sich das vom Bundesministerium für Gesundheit geförderte Projekt „LEUKO-Expert“ an eine auf Künstliche Intelligenz (KI) basierte Diagnoseunterstützung bei Seltenen Erkrankungen – am Beispiel der Seltenen Erkrankungsgruppe Leukodystrophie. Das Projekt baut auf Strukturen auf, die in der Medizininformatik-Initiative (MII) etabliert werden, und verbindet die medizinische Community mit Medizininformatikern und Psychologen. Der Förderungszeitraum erstreckt sich von Oktober 2020 bis September 2023.

In der Europäischen Union gilt eine Erkrankung als selten, wenn nicht mehr als 5 von 10.000 Menschen an ihr leiden. Nach aktuellem Wissenstand werden rund 8.000 verschiedene Krankheitsbilder zu den Seltenen Erkrankungen (SE) gezählt. Allein in Deutschland leiden etwa vier Millionen Menschen an einer SE, weltweit wird ihre Zahl auf 300 Millionen geschätzt. Aufgrund der Seltenheit und der Komplexität dieser Erkrankungen haben viele Betroffene oftmals eine jahrelange Odyssee durch Arztpraxen und Krankenhäuser hinter sich, bevor sie eine gesicherte Diagnose bekommen und von einer adäquaten Therapie profitieren können.

Ein Beispiel für eine Seltene Erkrankungsgruppe ist die sogenannte Leukodystrophie (LD) – eine angeborene Stoffwechselstörung, die die Funktion der Nerven fortschreitend beeinträchtigt. Es kommt zu Störungen der Bewegung und anderer Sinneswahrnehmungen. In Deutschland wird diese Erkrankungsgruppe vor allem an den drei Zentren für SE an der Uniklinik RWTH Aachen und den Universitätskliniken Leipzig und Tübingen behandelt. Während man dort auf diese SE-Gruppe spezialisiert ist, sind diese Spezialkenntnisse an anderen medizinischen Einrichtungen weniger ausgeprägt. Daher kann die Erkrankung falsch diagnostiziert und folgend falsch behandelt werden, mit Auswirkungen auf Gesundheitszustand und Lebensstandard des Patienten.

Experten wollen diagnostische Lücke schließen

Hier soll das Projekt LEUKO-Expert Abhilfe schaffen. „Mithilfe von Strukturen der Medizininformatik-Initiative und anderer Digitalisierungsfortschritte möchten wir die diagnostische Lücke schließen“, sagt Univ.-Prof. Dr. med. Rainer Röhrig, Direktor des Instituts für Medizinische Informatik an der Uniklinik RWTH Aachen. Univ.-Prof. Dr. med. Jörg B. Schulz, Projektleiter am Standort Aachen sowie Direktor der Klinik für Neurologie und Leiter des Zentrums für Seltene Erkrankungen an der Uniklinik RWTH Aachen, ergänzt: „Das Projekt bietet die Chance, einer Erkrankungsgruppe von Patienten mit seltenen Stoffwechselstörungen des Gehirns anhand von Routine-Kernspintomographie-Bildern zu identifizieren und von anderen Patienten mit ähnlichem Läsionsmuster im MRT, zum Beispiel Multiple Sklerose oder zerebrale Mikroangiopathie, abzugrenzen. Dazu werden Methoden aus den Bereichen der Informatik und der Statistik einschließlich machine-learning-Algorithmen verwendet. Dies soll dazu führen, dass Patienten deutlich früher als bisher identifiziert und anschließend einem Expertenzentrum für diese Erkrankungen und möglichen Therapien zugeführt werden.“

Als Grundlage für das Projekt werden Daten von Patientinnen und Patienten mit Leukodystrophien und ähnlichen Symptomen aus den drei Zentren für Seltene Erkrankungen in Aachen, Leipzig und Tübingen aufbereitet und ausgewertet. Es wird geprüft, inwieweit Methoden des maschinellen Lernens (KI-Methoden) anwendbar sind. So soll ein Modell erstellt werden, das als Basis für die Diagnoseunterstützung weiterer Patientinnen und Patienten in Kliniken sowie in niedergelassenen Praxen herangezogen werden kann. „Überall dort, wo es um die Analyse von Bildern geht, beispielsweise MRT-/Röntgenbilder oder Fotos, schreitet die Entwicklung selbstlernender Algorithmen der künstlichen Intelligenz immer weiter voran. Die computergestützten Verfahren bieten uns in der Medizin also neue und vielversprechende Möglichkeiten, um Patientinnen und Patienten zukünftig besser und zielgerichteter zu behandeln“, sagt Prof. Röhrig.

Wichtige Projektpartner

Kooperationspartner der Uniklinik RWTH Aachen sind die Universität Leipzig, die Technische Universität Dresden, die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, die Eberhard-Karls-Universität Tübingen mit den beiden Einrichtungen der Klinik für Neurologie der Universitätsklinik Tübingen und dem Institut für Translationale Bioinformatik, das Institut für Digitale Technologien gGmbH Leipzig sowie die Hochschule Mittweida, die das Projekt koordiniert. Die Planung zur Durchführung des Projektes hat mit einer Auftaktveranstaltung am 30.10.2020 begonnen, an der alle Kooperationspartner virtuell teilnahmen.

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