Schlafmedizin und der Zungenschrittmacher

Erholsamer Schlaf ist wesentlich für eine gute Lebensqualität. Jeder hat schon einmal schlecht geschlafen und weiß, wie sich dies auf den nächsten Tag auswirkt. Die obstruktive Schlafapnoe ist eine weit verbreitete chronische Erkrankung. Krankheitszeichen sind Schnarchen und nächtliche Atempausen.

Die Schlafmedizin betrifft ein weites Feld von konservativen und chirurgischen Maßnahmen, welches in der Uniklinik RWTH Aachen nahezu vollumfänglich angeboten wird.

Welche Folgen hat Schlafmangel?

Die genauen Funktionen des Schlafes sind bis heute nicht restlos geklärt. Schlaf ist zur Verarbeitung und Speicherung von am Tag erworbenen Eindrücke für unser Gehirn unerlässlich. Fest steht, dass ein langanhaltender Schlafmangel massive und vielfältige Auswirkungen haben kann: Tagesmüdigkeit mit einhergehendem Leistungsabfall und Konzentrationsschwäche, erhöhte Reizbarkeit und Unruhe bis hin zur Depression. Das Immunsystem wird geschwächt, die Infektanfälligkeit steigt. Unterschiedlichen Studien zufolge können dauerhafte Schlafstörungen Diabetes, Übergewicht, Bluthochdruck, Herzinsuffizienz, erektile Dysfunktion und frühzeitigen Gedächtnisverlust begünstigen.

Schlafapnoe bezeichnet eine Atmungsstörung, die während des Schlafes auftritt. Es existieren zwei Formen: Die häufigste Form ist die obstruktive Schlafapnoe. Während des Schlafes erschlafft die Zungenmuskulatur sowie das umliegende Gewebe. Das Zurückfallen der Zunge bewirkt einen Verschluss der oberen Atemwege und infolgedessen setzt die Atmung für einen längeren Zeitraum aus. Dies kann aufgrund des Sauerstoffmangels zu häufigem nächtlichem Aufwachen führen.

Bei der zentralen Schlafapnoe führt eine Störung im zentralen Nervensystem dazu, dass die Atemmuskulatur der Brust und des Zwerchfells nicht richtig arbeiten kann. Ursachen können beispielsweise ein Schlaganfall oder eine Herzschwäche sein. Um diese Form der Schlafapnoe zu therapieren, muss die Grunderkrankung behandelt werden.

Mischformen aus obstruktiver und zentraler Schlafapnoe kommen sehr selten vor.

Die Standardbehandlung erfolgt mittels CPAP-Therapie (CPAP=continuous positive airway pressure), das heißt, die Patienten müssen nachts eine eng sitzende Atemmaske tragen. Diese erzeugt einen dauerhaften Überdruck im Rachen, um Atemaussetzer zu vermeiden. Häufig klagen die Anwendenden über Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen oder Mundtrockenheit. Da die Maske häufig als irritierend oder unangenehm empfunden wird, tragen viele Patienten die Maske nicht konsequent, was den Therapieerfolg deutlich reduziert. Da etwa 40 Prozent der Patienten die Therapie nicht vertragen, sind Alternativen nötig.

Bei einer leichten bis schweren obstruktiven Schlafapnoe kann eine Änderung des Lebensstils hilfreich sein. Wenn Betroffene ihr Körpergewicht nromalisieren, sich sportlich betätigen und/oder ihre Schlafposition ändern, können die Beschwerden abklingen. Auch das Tragen einer Zahnschiene, wie beispielsweise einer Unterkiefer-Protrusionsschiene, kann hilfreich sein, da diese dafür sorgt, dass der Unterkiefer vorverlagert wird und die Atemwege freigehalten werden. In seltenen Fällen kann auch eine Operation helfen.

Ein Zungenschrittmacher, den man auch Zungennervstimulator oder Hypoglossusstimulator nennt, besteht aus einem Schrittmacher, der auf Höhe der Brust eingesetzt wird. Er wird über eine kleine Fernbedienung gesteuert. Er setzt sich aus drei Komponenten zusammen, dazu zählen ein Generator, ein Atemsensor und eine Stimulationselektrode. Die Patientin oder der Patient kann den Zungenschrittmacher selbstständig abends vor dem Zubettgehen einschalten und am Morgen nach dem Erwachen abschalten.

Ein Zungenschrittmacher ist für Patientinnen und Patienten geeignet, bei denen weder die CPAP-Überdruckmaske noch andere alternative Therapien möglich oder erfolgreich waren.  Es muss sich um eine mittlere bis schwere Schlafapnoe handeln.

Der Zungenschrittmacher ist nicht für Personen geeignet, die stark übergewichtig sind und einen BMI über 35 haben. Er darf ebenfalls nicht eingesetzt werden bei Personen, die unter schweren neuromuskulären Erkrankungen oder anderen Schlaferkrankungen, wie beispielsweise Narkolepsie, leiden.

Der Zungenschrittmacher misst Ihr Atemmuster im Schlaf. Auf der Grundlage des individuellen Atemrhythmus stimuliert das System mittels eines leichten Stromimpulses bestimmte Muskeln in der Zunge und im Rachen, beispielsweise den Zungennerven (Nervus hypoglossus).

Die Zunge bewegt sich somit beim Einatmen etwas nach vorne und macht dort Platz, wo die Atemwege sich sonst verengen. Somit kann die oder der Schlafende ungehindert atmen und es kommt nicht mehr zu Atemaussetzern. Das System wird so eingestellt, dass die Betroffenen den Zungenschrittmacher während des Schlafes nicht bemerken.

Den Behandlungsablauf kann man in vier Phasen einteilen:

  1. Zunächst ist es wichtig, eine Voruntersuchung vornehmen zu lassen. Der Arzt oder die Ärztin überprüft die Eignung des Patienten oder der Patientin für einen Zungenschrittmacher. In Abhängigkeit von bereits durchgeführten Voruntersuchungen kann eine erneute Schlafmessung im Schlaflabor sowie eine Schlafendoskopie notwendig sein.
     
  2. In der zweiten Phase erfolgt dann bei den geeigneten Patienten die Implantation. Der Zungenschrittmacher wird während eines kurzen stationären Aufenthalts eingesetzt. Der Eingrifft erfolgt unter Vollnarkose. Es handelt sich um einen minimal-invasiven Eingriff. Das bedeutet, dass zwei kleine Schnitte an Hals und Brustkorb vorgenommen werden. Der Zungenschrittmacher kann nach etwa vier Wochen verwendet werden, da er erst dann vollständig eingeheilt ist.
     
  3. Im dritten Schritt, der Aktivierung, erfolgt die individuelle Therapieanpassung. Der Patient oder die Patientin kann den Zungenschrittmacher über eine Fernbedienung selbstständig ein- und ausschalten sowie die Stimulation anpassen. Nach etwa vier Wochen wird das Gerät bei Bedarf unter ärztlicher Aufsicht nachjustiert.
     
  4. Die vierte Phase, die Nachsorge, erfolgt einmal jährlich bei dem behandelnden Schlafmediziner und HNO-Arzt. Bei der Kontrolle werden der Batteriestatus kontrolliert und die Therapie, falls notwendig, angepasst.

Die Abheilungsphase beträgt etwa einen Monat. Anschließend können Sie uneingeschränkt Ihren alltäglichen Aktivitäten nachgehen. Sie sollten sich aber einschränken bei Tätigkeiten, die extreme und abrupte Bewegungen der Arme beinhalten. Gefährlich werden könnte es z.B. bei Kampfsportarten.

Die Batterien des Systems halten etwa 8 bis 11 Jahre. Wenn diese leer sind, müssen die Batterien in einer kurzen Operation ausgetauscht werden.

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Priv.-Doz. Dr. med. Miguel Goncalves, MHBA
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