Alterstraumazentrum

Leitung:
Priv.-Doz. Dr. med. Miguel Pishnamaz
Dr. med. Miriam Weyrauch

Neurologisch-geriatrische Fachexpertise
Prof. Dr. med. Simone Tauber
Dr. Johannes Bauschulte

Die Alters­traumatologie steht für die ganzheitliche Therapie älterer verletzter Patienten (i. d. R. > 70 Jahre). Hierbei stehen häufig häusliche Stürze und Verletzungen durch alltägliche Unfälle im Vordergrund.

Unser Ziel ist es, durch eine multiprofessionelle Versorgung die bestmögliche individuelle Therapie für jeden Patienten zu erreichen.

 

Ältere Patienten leiden häufig an Begleit­erkrankungen, welche im Falle von unfallbedingten Verletzungen zu Komplikationen führen können. Typische Beispiele sind die Osteoporose oder Blutungen im Zusammenhang mit der Einnahme von blutverdünnenden Medikamenten. Aber auch schon die Aufnahme im Krankenhaus kann bereits zu Orientierungsschwierigkeiten und Verwirrtheit führen.

Unser Team aus Unfallchirurgen, Geriatern, geschultem Pflegepersonal, Physio- und Ergotherapeuten, Case Management und vielen mehr betreut jeden Patienten individuell, um eine rasche Mobilisation der Patienten und die Rückkehr in das gewohnte häusliche Umfeld zu ermöglichen.

Um insbesondere gefährdete Patienten frühzeitig zu identifizieren, führen wir bereits bei der Aufnahme ein sogenanntes Screening durch, um Komplikationen durch lange Liegezeiten zu vermeiden und die jeweiligen Fachkräfte zu informieren.

Aufgrund der eingeschränkten Beweglichkeit bei Verschleißerscheinungen des Skeletts und insbesondere der Gelenke und durch die hormonelle Umstellung vor allem bei Frauen nach den Wechseljahren nimmt die Knochenqualität im fortgeschrittenen Alter deutlich ab; wir sprechen von Knochenschwund (Osteoporose), einer gegenüber dem jungen Alter herabgesetzte Knochendichte. Hierdurch kommt es auch schon bei verhältnismäßig kleinen Unfällen wie einem Sturz vom Stuhl oder aus dem Bett zu schwerwiegenden Knochenbrüchen.
Die häufigsten Knochenbrüche finden sich im Bereich

  • der Hüfte (Schenkelhalsfraktur, trochantäre Fraktur),
  • des Handgelenks (körperferne Speichenfraktur = distale Radiusfraktur)
  • und der Schulter (körpernahe Oberarmfraktur = subcapitale Humerusfraktur/Humeruskopffraktur).

Besonders komplizierte Knochenbrüche stellen die Verletzungen bei bereits vorhandenen Prothesen im Bereich der großen Gelenke wie Hüfte und Knie dar (periprothetische Frakturen). Aber auch Brüche von Wirbelkörpern sind bei leichten Stürzen häufig. Im Vordergrund bei der Behandlung von Brüchen im fortgeschrittenen Alter steht die möglichst schnelle Wiederherstellung der eigenständigen und schmerzfreien Beweglichkeit, da eine längere Bettlägerigkeit unbedingt vermieden werden sollte aufgrund von damit vergesellschafteten Komplikationen wie beispielsweise

  • Infektionen (Lungen-, Blasen-/Nierenentzündung),
  • Blutgerinselbildungen (Thrombosen der Bein- und Beckenvenen),
  • stark eingeschränkte Darmfunktion (bis zum Darmverschluss = Ileus)
  • und vor allem der Abbau der Muskulatur und die Einsteifung von Gelenken.

Bei der operativen Versorgung von Brüchen an der Hüfte stehen Verfahren an erster Stelle, welche sofortige Belastungsstabilität garantieren und damit die krankengymnastische Mobilisierung aus dem Krankenbett unter entsprechender Schmerzmittelgabe möglichst frühzeitig erlauben. Hier sind vor allem die Anwendung von zementierten Hüft-Prothesen (z. B. Duokopfprothese) bei Schenkelhalsfrakturen oder die Nagelung (in den Knochenmarkraum eingebrachte Metall-Nägel) bei trochantären Oberschenkelbrüchen zu nennen. Bei Brüchen am Oberarmkopf und des Handgelenks stehen Platten- und Schraubenanwendungen im Vordergrund, welche eine zügige Beübung mit Hilfe der Krankengymnastik ermöglichen, um eine Gelenkeinsteifung zu minimieren. Liegen Brüche um einliegende Prothesen herum vor, geht es natürlich in erster Linie um den Erhalt derselben, wenn eine zügige Beübung und Mobilisation nach operativer Versorgung zu erwarten ist. Ansonsten besteht bei instabilen Verhältnissen der Ersatz der Prothese an.

Wirbelsäulenbrüche stellen ein weiteres großes Gebiet der Unfallchirurgie dar und bedürfen abhängig von der genauen Lokalisation und Ausbreitung ebenfalls der Zuführung einer operativen Versorgung. Hierbei ist vor allem die Verhinderung einer Keilwirbelbildung durch Zementauffüllung des betroffenen Wirbels (Vertebroplastie) oder gar die Wiederaufrichtung eines Keilwirbels mit Zement (Kyphoplastie) zu nennen. Bei verheerenden Brüchen muss gegebenenfalls auch eine schnellstmögliche Überbrückung des betroffenen Wirbels durch ein inneres Gestell (Fixateur interne) angewandt werden mit ggf. weiteren operativen Maßnahmen.
Nicht zu vergessen ist bei der Behandlung der Verletzung die Therapie der zugrunde liegenden Ursache des Sturzes. Hierbei spielen vor allem Kreislauferkrankungen wie Herzrhythmusstörungen, Herzschwäche oder gar -Infarkte, Organmangeldurchblutungen bei Gefäßverkalkungen (Arteriosklerose) insbesondere des Gehirns eine große Rolle. Oft sind diese Grunderkrankungen verbunden mit einer blutverdünnenden Tabletteneinnahme (z. B. Aspirin, Clopidogrel, Marcumar), welche die operative Vorgehensweise stark beeinflussen oder Verzögern und ein aufwendiges Blutgerinnungsmanagement erzwingen bei drohendem Blutverlust durch die Verletzung.

Auch die Vermeidung von weiteren Brüchen insbesondere im Bereich der Wirbelsäule durch medikamentöse Therapie der Osteoporose gilt es Rechnung tragen.

Insgesamt ist zu sagen, dass aufgrund der zunehmenden Alterserwartung in Europa mit einem starken Anstieg der Behandlungen auf diesem Gebiet zu rechnen ist. Bei oft ernsten Vorerkrankungen der älteren Verletzten stellt uns die Therapie vor besondere Herausforderungen insbesondere in der Verzahnung der vor- wie nachoperativen stationären Phase, der Krankengymnastik und Pflege und vor allem der geriatrischen Rehabilitation und weiteren häuslichen Versorgung, um eine möglichst eigenständige Lebensweise der Betroffenen zu erhalten. Dieser Verantwortung stellen wir uns gerne mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln.