Venen

Die venöse Chirurgie ist ein Teilgebiet der Gefäßchirurgie, das sich mit Erkrankungen der Venen, d. h. der Gefäße, die sauerstoffarmes Blut aus den Extremitäten und Organen zurück zum Herzen transportieren, befasst. Venöse Erkrankungen betreffen am häufigsten die Beine, wo sie sich am oberflächlichen Venensystem beispielsweise als Krampfadern und am tiefen Venensystem zum Beispiel als tiefe venöse Thrombose zeigen können. Venöse Abflusstörungen können aber auch durch Kompression der Venen durch andere Strukturen oder Raumforderungen entstehen. Darüber hinaus können chronische venöse Erkrankungen als Folge einer stattgehabten tiefen Beinvenenthrombose entstehen (postthrombotisches Syndrom). Beschwerden durch Venenerkrankungen können als Beinschwellung, schwere und müde Beine, Hautverfärbungen, sichtbare Krampfadern oder chronische Wunden (Ulcus cruris) imponieren.

In unserer Poliklinik (Gefäßzentrum) erfolgt nach Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) eine ausführliche körperliche Untersuchung und Ultraschalluntersuchung der Venen. Je nach Befund werden weiterführende Untersuchungen wie eine Kernspintomographie zur Darstellung der Venen veranlasst. In Abhängigkeit der Untersuchungsbefunde sowie Ihrer Beschwerden werden wir im Anschluss die weitere Behandlung planen. Hierbei bildet die konservative Therapie mit Mobilisation, Kompressionstherapie (Kompressionsstrümpfe) und Empfehlungen zur Veränderung des Lebensstils (z. B. Gewichtsreduktion) die Grundlage. Darüber hinaus bieten wir alle modernen invasiven Behandlungsmöglichkeiten an, einschließlich minimal-invasiver kathetergestützer Verfahren zur Behandlung des tiefen Venensystems (venöse Rekanalisation, Ballondilatation, Stentimplantation, ultraschallgestützte Katheterthrombolyse) sowie des oberflächlichen Venensystems (Laserablation von Krampfadern, Schaumsklerosierung). Bei Bedarf und je nach Befund werden diese durch offen chirurgische Maßnahmen ergänzt. 

Nachfolgend finden Sie eine Übersicht über die einzelnen venösen Erkrankungen.

Hierbei handelt es sich um ein venöses Kompressionssyndrom. Die linke Beckenvene (Vena iliaca communis) wird durch die rechte Beckenschlagader (Arteria iliaca communis) überkreuzt. Diese anatomische Begebenheit kann bei einigen Personen zu einer Engstelle in der Beckenvene und zur Entwicklung eines sogenannten Beckenvenensporns führen. Durch die Verengung der Beckenvenen können Beschwerden wie Schwellung und Spannungsgefühl des linken Beines beim Laufen entstehen. Zudem kann die Entstehung einer tiefen Beinvenenthrombose begünstigt werden. Neben den konservativen Behandlungsmaßnahmen lassen sich gute Ergebnisse mit Ballondilatation und Einbringen eines Stents in die Beckenvene erzielen.

Das sogenannte Nussknacker-Syndrom bezeichnet eine Kompression der linken Nierenvene zwischen der Hauptschlagader (Aorta) und einer darmversorgenden Schlagader (A. mesenterica superior). Hierdurch kommt es zu einer Abflussstörung des Blutes aus der linken Niere, die Rücken- bzw. linksseitige Flankenschmerzen verursachen kann. In der Urinuntersuchung kann Blut nachweisbar sein. Außerdem können vergrößerte Venen am und im Bauch entstehen, die als Umgehungskreisläufe dienen und wiederum zu Beschwerden führen können. Es kann sein, dass hierdurch verursachte Unterbauchschmerzen als gynäkologische Beschwerden gedeutet werden, sodass die Diagnosestellung unter Umständen erst verzögert erfolgt. Ob eine Behandlung der Verengung der Nierenvene mittels Ballondilatation und Einbringen eines Stents sinnvoll ist, werden wir im Einzelfall mit Ihnen besprechen.

Chronische Unterleibsschmerzen, die vor allem Frauen betreffen und teilweise zu äußerst langwierigen Krankheitsverläufen führen, können durch Krampfadern der Venen im kleinen Becken und um die inneren Geschlechtsorgane verursacht sein. Beschwerden treten oft in Zusammenhang mit Menstruation, Geschlechtsverkehr, Wasserlassen sowie nach längerem Stehen und vor allem abends auf. Auch können sichtbare Krampfadern im Genitalbereich und übergreifend auf Gesäß und Oberschenkel auffallen. Ursachen können venöse Kompressionssyndrome wie das May-Thurner-Syndrom oder Nussknacker-Syndrom sein. Zudem besteht ein Zusammenhang mit stattgehabten Schwangerschaften. Um eine adäquate Diagnosestellung und Behandlung sicherzustellen, besteht eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit mit der Klinik für Gynäkologie und Geburtsmedizin und der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie. Zu den Behandlungsoptionen zählen in erster Linie minimal-invasive Verfahren zum Verschluss oder zur Verödung der Krampfadern sowie zur Behandlung eines möglicherweise vorliegenden Kompressionssyndroms.

Ein postthrombotisches Syndrom kann sich als Folge einer tiefen Beinvenenthrombose entwickeln. Das Risiko ein postthrombotisches Syndrom zu entwickeln steigt, je weiter die Thrombose in Richtung von Bauch- und Beckenvenen reicht. Zu den Beschwerden zählen chronische Schwellung des Beines und Schmerzen, Hautveränderungen und im schlimmsten Falle nicht heilende Wunden am Unterschenkel (sogenanntes „offenes Bein“). Die Ursache sind Vernarbungen der tiefen Beinvenen und Venenklappen, die den Abfluss des Blutes aus dem betroffenen Bein behindern. Grundlage der Behandlung sind die konservativen Therapiemaßnahmen. Darüber hinaus können je nach Ausprägung und Art des Befundes die Venen mittels Katheterverfahren, Ballondilatation und Einbringen eines Stents wiedereröffnet werden. In manchen Fällen ist zusätzlich eine offen operative Behandlung des Venensegments in der Leistenregion erforderlich. Die jeweils zutreffenden Behandlungsmöglichkeiten und Erfolgsaussichten werden im Einzelfall ausführlich besprochen.

Krampfadern sind Erweiterungen der oberflächlichen Beinvenen, die durch eine gestörte Funktion der Venenklappen entstehen. Hierdurch fließt das Blut aus den Beinen nicht wie gewohnt in Richtung des Herzens ab, sondern zurück und staut sich in Beinen. Vor allem bei längerem Stehen oder Sitzen können hierdurch ein Spannungsgefühl und Schmerzen in den Beinen entstehen. Auch Juckreiz, Hautveränderungen und nicht heilende Wunden können Folge eines chronisch gestörten Abflusses des Blutes aus den Beinen sein. In manchen Fällen enstehen Krampfadern auch als oberflächliche Umgehungskreisläufe, wenn der Blutabfluss durch die tiefen Beinvenen nicht mehr wie gewohnt funktioniert, beispielsweise als Folgezustand nach stattgehabter tiefer Beinvenenthrombose. Diese sogenannten sekundären Krampfadern stellen wichtige Abflusswege des Blutes aus dem Bein dar und dürfen nicht entfernt werden. In den meisten Fällen können wir die bestehenden Beschwerden durch eine Entfernung (Krossektomie, Stripping, Seitenastexhairese) und/oder Verödung (Laserablation, Schaumsklerosierung) der betroffenen Venenabschnitte behandeln.

Aufgrund verschiedener Faktoren kann es zu einem akuten Verschluss der tiefen Beinvenen durch ein Blutgerinnsel, d .h. einer tiefen Beinvenenthrombose, kommen. Zu den Risikofaktoren zählen Bettruhe/eingeschränkte Bewegung aufgrund einer akuten Erkrankung, Operation oder Verletzung, Rauchen, Einnahme bestimmter Medikamente (z. B. Anti-Baby-Pille), Übergewicht, Krebserkrankung, Schwangerschaft und Wochenbett, angeborene oder erworbene Störungen der Blutgerinnung, hohes Lebensalter, vorausgegangene Thrombose oder Lungenarterienembolie.  Symptome sind eine plötzliche Beinschwellung, Schmerzen und gegebenenfalls eine rot-bläuliche Verfärbung des Beines.

Die wichtigsten Behandlungsmaßnahmen, um ein Fortschreiten der Thrombose und eine gefährliche Verschleppung von Teilen des Blutgerinnsels in die Lunge, eine sogenannnte Lungenarterienembolie, zu verhindern, sind die Blutverdünnung und die Kompressionsbehandlung mit Kompressionsstrümpfen oder -wickeln. Unter der Voraussetzung dieser Behandlung ist zudem viel Bewegung äußerst wichtig. Je weiter die Thrombose in Richtung der Becken- und Bauchvenen reicht, umso größer ist das Risiko, auf lange Sicht Folgen zu entwickeln, nämlich ein sogenanntes postthrombotisches Syndrom.

Um das zu verhindern, kann je nach Fall, über die oben genannten konservativen Behandlungsmaßnahmen hinausgehend, in der frühen Phase einer tiefen Beinvenenthrombose (ein bis zwei Wochen, manchmal bis drei Wochen nach Symptombeginn) eine minimal-invasive kathetergestützte medikamentöse Auflösung des Gerinnsels erfolgen. Sehr selten kommt auch eine offen operative Entfernung des Blutgerinnsels aus der Vene, also die offene Thrombektomie, in Frage.

Chronisch venöse Erkrankungen, die eine Abflussstörung des Blutes aus den Beinen zur Folge haben, können im Endstadium zu nicht heilenden Wunden am Unterschenkel führen. Experten sprechen dann vom Ulcus cruris, im Volksmund besser bekannt als „offenes Bein. Hierzu zählen vor allem das postthrombotische Syndrom, aber auch Krampfadern beziehungsweise die chronisch-venöse Insuffizienz. Zusätzlich zu der Behandlung der venösen Erkrankungen, die unter den entsprechenden Abschnitten näher dargestellt ist, ist eine sorgfältige Wundversorgung entscheidend, um einen Behandlungserfolg zu erzielen. Sowohl im ambulanten Bereich über unsere Poliklinik als auch in der stationären Behandlung gehört eine entsprechende Mitbetreuung mit modernem Wundmanagement zu unserem Standard. In manchen Fällen ist zusätzlich zur konservativen Wundbehandlung mit Verbänden eine operative Säuberung der Wunde (Ulcusshaving) erforderlich.