Richtig oder falsch: Übergewicht durch schwere Knochen?
„Ich bin nicht zu dick, ich habe lediglich schwere Knochen.“ Diesen Grund gibt so manch einer für sein Übergewicht an. Doch können schwere Knochen wirklich die Ursache dafür sein? Wir nehmen Medizinmythen rund um unseren Bewegungsapparat genauer unter die Lupe.
Knochen werden durch einen Bruch stärker
Falsch. Gebrochene Knochen sind nicht stärker als vor einem Unfall. Mit den Knochen ist es wie mit den Muskeln: Je mehr sie eingesetzt und belastet werden, desto stabiler und stärker werden sie. Ein unbelasteter Knochen bildet sich zurück. Es findet ein ständiger Auf- und Abbau von Zellen statt. Kommt es unter Belastung zu einem Bruch des Knochens, entsteht an der Bruchstelle zunächst ein großer Bluterguss. Dies ist das Signal für den Körper, mit der Reparaturarbeit zu beginnen. An der Stelle der Fraktur bauen die Zellen, die für die Knochenbildung zuständig sind, neues Material auf. Andere Zellen, die sogenannten Osteoklasten, bauen überschüssiges Material wieder ab. Somit ist der Knochen bei ungestörter Frakturheilung an der Stelle des Bruchs in der Regel nicht stärker, aber auch nicht schwächer als vor dem Unfall.
Bei Muskelkater stets weitertrainieren
Richtig und falsch. Lange herrschte die Meinung, dass eine Ansammlung von Milchsäure die Ursache für den unschönen Schmerz sei, der nach dem Sport in der Muskulatur auftreten kann. Heute gehen Wissenschaftler jedoch davon aus, dass kleinste Verletzungen in Form winziger Risse in den Muskelfasern für die Schmerzen verantwortlich sind. Diese feinen Risse verursachen eine lokale Entzündungsreaktion, was zum bekannten Muskelkater führt. Wenn man unter geringer Belastung weiterhin Bewegungen ausführt, werden die Entzündungsstoffe schneller aus dem Muskelgewebe abtransportiert, und die Schmerzen können nachlassen. Ob man trotz Muskelkater weiter Sport machen sollte, lässt sich nicht pauschal beantworten. Es hängt von der Stärke des Muskelkaters, dem individuellen Trainingszustand und der Intensität des bevorstehenden Trainings ab.
Übergewicht durch schwere Knochen
Falsch. Knochen sind nicht verantwortlich für Übergewicht. Bei Männern machen die Knochen etwa 15 Prozent des Körpergewichts aus, bei Frauen ungefähr 10. Je nach Lebensstil und Ernährung kann die Knochenmasse um die 10 Prozent schwanken, das ist jedoch in Bezug auf Übergewicht unerheblich. Zudem steigt die Knochendichte und damit auch deren Gewicht durch gesunde, kalziumreiche Ernährung und Sport – das widerspricht dem Mythos.
Man kann sich schon mal einen Bruch heben
Richtig und falsch. Gemeint ist mit dieser Redensart ein Leistenbruch, auch Leistenhernie genannt. Der Leistenbruch ist eine Lücke im Bereich des Leistenkanals. Kommt es zu einem Leistenbruch, kann es sein, dass das Bauchfell und Darmschlingen durch die Lücke durchgleiten und unter der Haut eine Beule bilden. Der Leistenbruch wird jedoch nicht – wie die Redensart suggeriert – durch schweres Heben verursacht. Zwar kann durch das Heben schwerer Gegenstände eine Hernie deutlicher zutage treten und schmerzen, doch ein Bruch an sich kann dadurch nicht entstehen – der war schon vorher da.
Im Bereich der Knochen können bei schwerer Osteoporose oder anderen krankheitsbedingten Einschränkungen der Knochenqualität auch ohne ein Unfallereignis insbesondere im Bereich der Wirbelsäule oder des Beckens Frakturen entstehen. Hier kann das Anheben eines Gegenstandes ausreichen. Teilweise entstehen diese Frakturen auch im Rahmen von alltäglichen Handlungen ohne Belastung.
Im Alter schwinden die Muskeln
Richtig und falsch. Wer nicht regelmäßig die Muskeln trainiert, verliert ab dem 30. Lebensjahr jedes Jahrzehnt circa 10 Prozent seiner Muskelmasse. Doch die Diagnose „Muskelschwund“ (Sarkopenie) ist weniger der Alterung geschuldet denn jahrelangem Bewegungsmangel. Eine britische Studie zeigte, dass dreimal wöchentlich eine Stunde Hanteltraining nach nur einem halben Jahr zu deutlichem Muskelaufbau führte. Außerdem: Keine Muskelzelle im Körper ist älter als 20 Jahre – wie alle Körperzellen werden sie regelmäßig erneuert.
Gerades Sitzen ist das Beste für den Rücken
Falsch. Gerade sitzen, um den Rücken zu schonen? Besser nicht. Wer gerade sitzt, passt zwar seinen Rücken von der Position her der natürlichen S-Form der Wirbelsäule an, doch um diese Position halten zu können, müssen die Muskeln ununterbrochen arbeiten. Und genau das macht eine konsequente aufrechte Sitzhaltung so wenig empfehlenswert. Bei vielen ist die Muskulatur nicht ausreichend gestärkt, um dauerhaft die aufrechte Position halten zu können. Werden die Muskeln im Rücken und Nackenbereich zu stark beansprucht und belastet, können sie verkrampfen. Die Folge sind Verspannungen und Schmerzen. Wichtig für den Rücken ist Bewegung. Lehnen Sie sich immer wieder mal nach vorne und nach hinten und strecken Sie sich zwischendurch. Dadurch bleibt die Muskulatur in Bewegung und versteift nicht so schnell. Ebenso gilt, dass dauerhafte Fehlhaltungen, zum Beispiel die Sitzhaltung vor dem PC, zu muskulären Ungleichgewichten führen können, die langfristig negativen Einfluss auf die Wirbelsäule haben.
Fingerknacken verursacht Arthrose
Falsch. Was dem einen Wohlgefühl verschafft, fegt dem anderen kalte Schauer über den Rücken oder treibt ihn zur Weißglut: lautes Fingerknacken. Doch fest steht: Ausgelöst wird die Arthrose dadurch nicht. Wer mit den Fingern knackt, bekommt weder Schwellungen noch erhöht sich die Anfälligkeit für Gelenkkrankheiten wie Arthrose. Knackende Finger können allenfalls ein Begleitsymptom der Arthrose sein. Dennoch warnen manche Experten vor allzu häufigem Knacken, da es die Gelenke überdehnen und sie auf lange Sicht sogar schädigen beziehungsweise „ausleiern“ könnte.