AG Prof. Stefan Gründer

Das Ziel der AG Gründer ist die funktionelle und strukturelle Charakterisierung von Ionenkanälen der DEG/ENaC Genfamilie. Wir orientieren uns an dem Anspruch, grundlegende Prinzipien aufzuklären und Daten hoher Qualität zu erzeugen, die auch in der Zukunft Bestand haben werden.

Schwerpunkt unserer Forschung sind Ionenkanäle. Ionenkanäle sind die Grundlage der Erregbarkeit von Neuronen und der Kommunikation von Neuronen miteinander. Mutationen in Ionenkanälen können Krankheiten auslösen und Fehlregulation von Ionenkanälen bestimmt das klinische Bild vieler Krankheiten. Die Analyse von Ionenkanälen im molekularen Detail trägt zu einem besseren Verständnis ihrer pathophysiologischen Rolle bei und ist Grundlage für eine gezielte Pharmakotherapie.

Gegenwärtig liegt unser Fokus auf Ionenkanälen der DEG/ENaC Genfamilie. Dabei interessieren uns besonders 3 Unterfamilien, die eng miteinander verwandte Ionenkanäle umfassen, die durch 3 verschiedene Liganden aktiviert werden:

Protonen-aktivierte Ionenkanäle (Acid-sensing ion channels, ASICs) sind einer der wesentlichen Rezeptoren für extrazelluläre Protonen; sie sind weit verbreitet in Neuronen des zentralen und peripheren Nervensystems. ASICs sind an der synaptischen Transmission wie an der sensorischen Transduktion beteiligt. Eine pathophysiologische Rolle ergibt sich dadurch, dass Protonen auch bei einer Ischämie freigesetzt werden; Aktivierung von ASICs trägt so zur Angina pectoris und zum Zelltod nach Hirnschlag wesentlich bei. Weiterhin wurde ein Beitrag von ASICs zur axonalen Degeneration in einem Tiermodell für Multiple Sklerose beschrieben, sowie eine entscheidende Rolle für die Beendigung eines epileptischen Anfalls durch eine Azidose. ASICs haben also weit reichende physiologische und pathophysiologische Bedeutung. Ihre Aktivierung und Regulation genau zu verstehen, ist daher von großer Relevanz.

3 wichtige Publikationen unserer AG zum Thema:

1) Chen X, Kalbacher H und Gründer S (2006) Interaction of Acid Sensing Ion Channel (ASIC) 1 with the tarantula toxin Psalmotoxin 1 is state dependent. J. Gen. Physiol., 127 (3), 267-276
2) Paukert M, Chen X, Polleichtner G, Schindelin H und Gründer S (2008) Candidate amino acids involved in H+ gating of acid-sensing ion channel (ASIC) 1a. J. Biol. Chem., 283, 572-581
3) Bartoi T, Augustinowski K, Polleichtner G, Gründer S, und Ulbrich MH (2014) Acid-sensing ion channel (ASIC) 1a/2a heteromers have a flexible 2:1/1:2 stoichimetry. Proc. Natl. Acad Sci., 111, 8281-8286

 

Der Gallensalz-sensitive Ionenkanal (Bile acid-sensitive ion channel, BASIC) ist ein noch wenig charakterisierter Ionenkanal, der u.a. in Gallengängen exprimiert wird und direkt durch Gallensalze aktiviert wird. BASIC ist in den Gallengängen und im Dünndarm möglicherweise am Na+-Transport beteiligt. Damit hat er potentielle Bedeutung bei Diarrhoe und der Cholestase. Außerdem kommt er im Gehirn vor, wo er noch völlig unbekannte Funktionen hat.

3 wichtige Publikationen unserer AG zum Thema:
1) Wiemuth D und Gründer S (2010) A single amino acid tunes Ca2+ sensitivity of brain liver intestine Na+ channel (BLINaC). J. Biol. Chem., 285, 30404-30410 (2010)
2) Wiemuth D und Gründer S (2011) The pharmacological profile of brain liver intestine Na+ channel (BLINaC): inhibition by diarylamidines and activation by fenamates. Mol. Pharmacol., 80 (5), 911–919 
3) Wiemuth D, Sahin H, Falkenburger BH, Lefèvre C, Wasmuth HE und Gründer S (2012) BASIC - a bile acid-sensitive ion channel highly expressed in bile ducts. FASEB J., 26, 4122-4130

Peptid-aktivierte Ionenkanäle sind bisher nur sehr wenig untersucht. Das Dogma besagt, dass Peptide nur G-Protein-gekoppelte Rezeptoren aktivieren. Uns ist es gelungen, eine Gruppe von Peptid-aktivierten Ionenkanälen aus einem einfachen Modellorganismus (dem Süßwasserpolypen Hydra magnipapillata) zu isolieren, die Hydra Na+-Kanäle (HyNaCs). Dies zeigt, dass Neuropeptide schon in einfachen Nervensystemen für die schnelle Transmission genutzt wurden. Neuropeptide sind auch beim Menschen weit verbreitet und ASICs werden durch Neuropeptide moduliert. Wir untersuchen HyNaCs als Modellkanal, um die Transmission in einem einfachen Nervensystem besser zu verstehen und um konservierte Eigenschaften der eng verwandten ASICs und des BASIC zu identifizieren.

3 wichtige Publikationen unserer AG zum Thema:
1) Golubovic A, Kuhn A, Williamson M, Kalbacher H, Holstein TW, Grimmelikhuijzen CJ und Gründer S (2007) A peptide-gated ion channel from the freshwater polyp Hydra. J. Biol. Chem., 282, 35098-35103 
2) Dürrnagel S, Kuhn A, Tsiairis CD, Williamson M, Kalbacher H, Grimmelikhuijzen CJ, Holstein TW und Gründer S (2010) Three homologous subunits form a high-affinity peptide-gated ion channel in Hydra. J. Biol. Chem., 285, 11958-11965 
3) Assmann M, Kuhn A, Dürrnagel S, Holstein TW und Gründer S (2014) The comprehensive analysis of DEG/ENaC subunits in Hydra reveals a large variety of peptide-gated channels, potentially involved in neuromuscular transmission. BMC Biol., 12(1), 84