Deutsche Notfallmediziner: „Wir garantieren und fordern Solidarität“

Die aktuelle Situation in den Zentralen Notaufnahmen, Notfallzentren und Rettungsstellen Deutschlands nimmt insbesondere im Südosten von Deutschland dramatische Formen an. Obwohl derzeit viele Kliniken im Krisenmodus arbeiten und durch immense Anstrengungen zusätzliche COVID-Kapazitäten auf den Intensiv- und Normalstationen schaffen, können teilweise intensivpflichtige Patienten über Stunden nicht auf die Stationen aufgenommen werden; sie verbleiben in den Notfallzentren oder müssen in andere Kliniken verlegt werden. Gleichzeitig erhöht sich der Druck durch Zwangsbelegungen durch den Rettungsdienst, der in Hochinzidenzgebieten kaum mehr aufnahmebereite Kliniken findet.

Martin Pin, der Präsident der Deutschen Gesellschaft Interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin (DGINA) warnt: „Wenn nicht mehr Steuerungsmöglichkeiten für die Verteilung von schwer kranken Patienten aus den Notaufnahmen geschaffen werden, ist die Sicherheit von Patienten und Personal in diesen Bereich akut gefährdet. Unsere Pflegenden und Ärzte der Notfallzentren müssen täglich weit über ihre Grenzen gehen, um diese Belastung zu stemmen“.

Die aktuelle COVID Lage bedeute für die Notfallkliniken und die Intensivstationen eine bisher unbekannte, langanhaltende Belastung des Personals und der medizinischen Ressourcen, die häufig an die Belastungsgrenzen und darüber hinaus gehe. Trotzdem könnten alle akut Erkrankten, die einer medizinischen oder psychosozialen Notfallbehandlung bedürfen, egal aus welcher Ursache, auch weiterhin auf die Expertise und Zuwendung der Notfallpflegenden und Notfallmediziner vertrauen, erklärt Pin. Harald Dormann, Vizepräsident der DGINA stellt fest: „Die deutschen Notfallmediziner garantieren auch in der aktuellen pandemischen Krisensituation eine den Umständen angepasste professionelle Notfallversorgung. Dies ist unser Beitrag zur Solidarität, zu der in der Gesellschaft jeder beitragen muss , um die Pandemie zu bewältigen. Deswegen fordern wir die Solidarität aller, die sich eine gute medizinische Notfallversorgung in dieser Pandemie wünschen“.

Notfallmediziner fordern Solidarität der Ungeimpften

Solidarität wird insbesondere von denen gefordert, die bisher noch ungeimpft sind. Die DGINA fordert alle Bürgerinnen und Bürger auf, sich impfen zu lassen, wenn keine medizinischen Gründe dagegensprechen. Es muss alles dafür unternommen werden, dass dies unbürokratisch und rasch möglich ist.

Ist kein ausreichender Anstieg der Impfquote innerhalb der nächsten Wochen zu erreichen, muss die Politik entschieden weitere Maßnahmen ergreifen. Der Anspruch auf Selbstbestimmung bezüglich der Impfung kostet das Leben vieler Menschen, führt zu einer Überlastung des Gesundheitspersonals und verursacht auch finanziell enorme Kosten für die gesamte Gesellschaft. Die Mehrheit der Bevölkerung zeigt den aktiven Willen zur Bewältigung der Pandemie durch die Impfung. Der Freiheitsanspruch des Einzelnen entbindet nicht von seiner gesamtgesellschaftlichen Verantwortung und Solidarität gegenüber seinen Mitmenschen. Deswegen fordert die DGINA die allgemeine Impfpflicht, wenn durch die freiwillige Impfung keine Herdenimmunität erreicht werden kann.

Abstand zu halten, Kontakte zu reduzieren und Masken zu tragen ist darüber hinaus nicht nur für ungeimpfte, sondern auch für geimpfte Personen weiterhin essentiell.

Notfallmediziner fordern ein solidarisches Gesundheitswesen

Zur Bewältigung der Krise muss die Politik nach Ansicht der DGINA auch innerhalb des Gesundheitswesens solidarische Zusammenarbeit bewirken:

  • Krankenhäuser, die sich nicht direkt an der notfall- und intensivmedizinischen Versorgung zur Bewältigung der Krise beteiligen, müssen einen stärker spürbaren Beitrag zur Überwindung der Pandemie leisten.
  • Pflegende und Ärzte, die im letzten Jahr ihre Arbeit auf den notfall-, akut und intensivmedizinischen Bereichen aufgegeben haben, sollten zurückgewonnen werden. Dafür müssen sofort adäquate Kampagnen initiiert werden, Anreize geschaffen und Mittel bereitgestellt werden.
  • Die erneute Zuspitzung der pandemischen Lage wird zu einer langanhaltenden Erschöpfung des Personals in den Notfallkliniken führen. Eine Verbesserung der bereits vor der Pandemie katastrophalen Arbeitsbedingungen ist überfällig. Dazu erforderlich ist ein besserer Personalschlüssel in den notfall- und intensivmedizinischen Bereichen der Notfallkliniken. Zusätzlich ist ein an den skandinavischen Ländern orientierter Freizeitausgleich für die Tätigkeit in der Nacht und am Wochenende notwendig. Schließlich stehen die Notfallmediziner und Notfallpflegende wie kaum ein anderer Bereich in der Medizin 365 Tage über 24h täglich für sie bereit. Die hierfür erforderlichen Kosten müssen durch die Kostenträger ausgeglichen werden.

Der DGINA-Vorstand unterstreicht: „Wir Notfallmediziner und Notfallpflegende garantieren die unvoreingenommene, solidarische Behandlung jedes Notfallpatienten auch unter schwierigen Bedingungen. Es ist höchste Zeit zu Handeln und wir fordern, dass unsere Gesellschaft solidarisch zusammenrückt und sofort erweiterte Maßnahmen ergreift, damit das weiterhin möglich ist“.


Quelle: Deutsche Gesellschaft interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin (DGINA) e. V.

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