Neue Erkenntnisse aus europäischer Simulationsstudie: Optimiertes Lipidmanagement zur Reduktion des kardiovaskulären Risikos

Ein Forschungsteam der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Internistische Intensivmedizin (Medizinische Klinik I) an der Uniklinik RWTH Aachen hat in Kooperation mit dem Imperial College London und Amgen eine Studie im Fachjournal Lancet Regional Health Europe veröffentlicht. Hintergrund war eine Simulation auf der Grundlage der sogenannten DA VINCI-Studie, um die Auswirkungen der schrittweisen Umsetzung des Behandlungsalgorithmus der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC)/Europäischen Atherosklerose-Gesellschaft (EAS) aus dem Jahr 2019 auf die Erreichung des Zielwerts für das Low-Density-Lipoprotein-Cholesterin (LDL-C) bei europäischen Patientinnen und Patienten mit und ohne atherosklerotische Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu überprüfen. Das Ergebnis: Die meisten Menschen mit einem sehr hohen kardiovaskulären Risiko mit und ohne atherosklerotische Erkrankung benötigen zusätzlich einen PCSK9-Inhibitor, um die risiko-basierten LDL-C-Ziele zu erreichen.

Das LDL-C spielt eine maßgebliche Rolle bei der Entwicklung für eine Arteriosklerose (Arterienverkalkung) – die häufigste und wichtigste krankhafte Veränderung der Arterien. Mögliche Folgekrankheiten sind zum Beispiel die koronare Herzkrankheit (KHK), der Schlaganfall oder die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK). Eine wirksame Senkung des LDL-Cholesterins kann das Risiko für solche atherosklerotischen kardiovaskulären Erkrankungen deutlich verringern.

Lücken zwischen Leitlinienempfehlung und Praxis

Die Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC)/Europäischen Atherosklerosegesellschaft (EAS) für die Behandlung von Dyslipidämie aus dem Jahr 2019 empfehlen eine lipidsenkende Therapie (LLT) zur Senkung des LDL-C. Dr. med. Julia Brandts, Assistenzärztin in der Medizinischen Klinik I, erklärt: „Jüngste Erkenntnisse deuteten darauf hin, dass eine Kombinationstherapie aus Statinen und Ezetimib oder die zusätzliche Gabe eines Proprotein-Convertase-Subtilisin/Kexin-Typ-9-Inhibitors, kurz PCSK9, erforderlich sind, damit die Patientinnen und Patienten ihre LDL-C-Ziele erreichen. Bei unseren Recherchen zu bislang veröffentlichen Studien haben wir jedoch feststellen müssen, dass zwischen den Leitlinienempfehlungen und der derzeitigen Praxis in Bezug auf den LLT-Einsatz offenbar Lücken bestehen. Diese Lücke zu schließen, war Ziel unserer Studie.“

Monte-Carlo-Simulation

Im Rahmen ihrer Simulationsstudie, die sie auf Basis der DA VINCI-Studie durchführten, bedienten sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der sogenannten Monte-Carlo-Methode. Diese eignet sich zur Simulation von Ergebnissen in verschiedenen Szenarien unter Verwendung wiederholter Zufallsstichproben. Das Forschungsteam aus Aachen und London hat dabei Behandlungsoptimierungsszenarien auf der Grundlage der Risikokategorie eines Patienten bewertet: Intensivierung der Statinbehandlung im ersten Schritt, Hinzufügen von Ezetimib im zweiten Schritt und Hinzufügen eines Proprotein-Convertase-Subtilisin/Kexin-Typ-9-Inhibitors (PCSK9) im dritten und letzten Schritt. In die Simulation eingeschlossen wurden 2.482 Patientinnen und Patienten von 128 Standorten aus 18 europäischen Ländern, die in DA VINCI ihre ESC/EAS-LDL-C-Ziele für 2019 nicht erreicht hatten. Diese Patientinnen und Patienten folgten einem Algorithmus zur Optimierung der Behandlung, der auf ihrer Risikokategorie basierte, und gelangten zum nächsten Schritt, wenn sie ihre risikobasierten LDL-C-Ziele im vorherigen Schritt nicht erreichten „Dabei haben wir jeweils das verbleibende kardiovaskuläre Risiko und die vorhergesagte relative und absolute Risikoreduktion bei kardiovaskulären Ereignissen bewertet. Basis für unsere Bewertungen war der amerikanische ASCVD-Risikoscore“, führt Dr. Brandts aus.

Wichtiger Beitrag zur kardiovaskulären Versorgung

„Mit unserer Studie konnten wir zeigen, dass über die Hälfte der Hochrisikopatienten ohne ASCVD ihre risikobasierten ESC/EAS-LDL-C-Ziele für 2019 erreichen würden, wenn sie ihre Statintherapie optimieren und Ezetimib hinzufügen würden. Bei Patienten mit sehr hohem Risiko, einschließlich Patienten mit atherosklerotischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, würde die Kombinationstherapie aus Statinen, Ezetimib und einem PCSK9-Inhibitor jedoch dazu führen, dass etwa 90 Prozent der Patientinnen und Patienten ihre risikobasierten LDL-C-Ziele erreichen.“

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