Geschlechtsspezifische Unterschiede in kritisch kranken Patientinnen und Patienten

Projektleiterinnen

Dr. rer. medic. Elisabeth Zechendorf

Dr. rer. nat. Sandra Kraemer
 

Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Nadine Frank, Ltd. MTA

Christian Beckers, BTA

Carolina Neu, M.sc. Dokotorandin

Lea Christiani, cand med.

Kimmo Peters, cand med.

Tobias Singendonk , cand med.

 

Es ist seit langem bekannt, dass das biologische Geschlecht in der Physiologie, Pharmakologie und Pathologie eine Rolle spielt. Dies führte allerdings dazu, dass zur Verringerung der experimentellen Variabilität - und zur Verbesserung der Sicherheit klinischer Studien - präklinische und klinische Studien hauptsächlich an gleichgeschlechtlichen, meist männlichen Kohorten durchgeführt wurden. Es wächst jedoch das Bewusstsein, dass unerforschte Geschlechtsunterschiede in der Forschung unser Verständnis von Arzneimittelmechanismen und Krankheitsverläufen einschränken. Dieser Geschlechtsdimorphismus findet sich sogar auf zellulärer Ebene in der in vitro Forschung wieder.

Traumatische Verletzungen sind nach wie vor die Haupttodesursache bei Menschen unter 45 Jahren und stellen somit eine immense soziale und wirtschaftliche Belastung dar. In den letzten Jahren hat die Gender-Forschung kontinuierlich zugenommen und es konnte ein Geschlechtsdimorphismus bei Trauma, Schock und Sepsis aufgedeckt werden. Es wurde gezeigt, dass Frauen weniger anfällig für posttraumatische Infektionen und Multiorganversagen sind, was zum Großteil auf die positive Wirkung von Östrogen zurückzuführen ist. Weiterhin gibt es auch geschlechtsabhängige Unterschiede in der Immunantwort während einer Sepsis. So finden sich in septischen männlichen Patienten signifikant höhere Konzentrationen proinflammatorischer Zytokine wie Interleukin (IL)-6. Auch beim Schädel-Hirn-Trauma gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede, wobei diese allerdings zurzeit widersprüchlich sind. Der größte Teil der Humanstudien berichtet von einem schlechteren Outcome bei Frauen als bei Männern, während der größte Teil der Tierstudien über bessere Ergebnisse bei Frauen als bei Männern berichten.

Im Gegensatz zum bisherigen Vorgehen sollten Studien über die Geschlechtsunterschiede eher betont als ignoriert werden, denn sie bieten die Möglichkeit, neue Faktoren zu verstehen, die den Krankheitsverlauf beim Trauma, hämorrhagischem Schock oder Sepsis bei einem Geschlecht stärker reduzieren als beim anderen. Daraus lassen sich dann eventuell geschlechtsspezifische Therapieoptionen beim Menschen ableiten. Bei praktisch jeder wissenschaftlichen Untersuchung droht, dass bei Konzentration auf ein einziges Geschlecht, die Forschungsergebnisse möglicherweise nur für die Hälfte der Bevölkerung relevant sind.

Aus diesem Grund erforscht unsere Arbeitsgruppe die geschlechtsspezifischen Unterschiede des Einflusses von RNase 1, sowie deren Inhibitor RNH1 in traumatischen Erkrankungen (Polytrauma, Sepsis, septischer Schock) in vitro und in vivo/ex vivo. Erste eigene präliminäre Analysen von Polytrauma-Patienten zeigen, dass es für RNH1 und RNase 1 einen Geschlechtsdimorphismus gibt (unveröffentlichte Daten). Ein weiterer Fokus liegt weiterhin auf einem Geschlechtsdimorphismus bei der Sekretion und dem Einfluss extrazellulärer Vesikel (EV).