Neue Studie liefert wichtigen Beitrag zur Tumorforschung mit dem Potenzial zur Reduktion von Tierversuchen

Ein Forschungsteam um Prof. Dr. Fabian Kiessling, M.D., Direktor des Instituts für Experimentelle Molekulare Bildgebung (ExMI), Prof. Dr. Dr. Twan Lammers, Leiter des Lehr- und Forschungsgebietes Nanomedizin und Theranostik im ExMI, sowie Prof. Dr.-Ing. Horst Fischer, Leiter des Lehr- und Forschungsgebietes Zahnärztliche Werkstoffkunde und Biomaterialforschung (ZWBF) an der Uniklinik RWTH Aachen, hat in einer kürzlich in der Fachzeitschrift Advanced Materials publizierten Studie ein neuartiges 3D-In-vitro-Tumormodell beschrieben, das in der Lage ist, spontan vaskularisierende Tumoren zu bilden, die in ihrem Angiogenese-, Fibrose- und Metastasierungsverhalten den entsprechenden Maus- und Menschentumoren ähneln. Diese Ergebnisse könnten einen wichtigen Schritt für die Tumorforschung und Medikamentenentwicklung darstellen und zur Reduzierung von Tierversuchen beitragen.

Die Arbeit mit Tiermodellen ist in der biomedizinischen Forschung unumgänglich, um komplexe Zusammenhänge in Organismen zu erforschen. Als ethischer Grundsatz gilt hierbei insbesondere das 3R-Prinzip: Replacement (Vermeidung), Reduction (Verringerung), Refinement (Verfeinerung). Eine Möglichkeit zur Anwendung dieses Prinzips besteht in der Entwicklung fortschrittlicher, physiologisch relevanter In-vitro-Modelle, die biologische Messwerte mit ähnlicher Vorhersagekraft wie In-vivo-Tumore liefern. In der jüngsten Forschung wurden bereits fortschrittliche In-vitro-Systeme wie multizelluläre Sphäroide und sogenannte Lab-on-a-Chip-Module entwickelt. Diese sind jedoch oftmals nicht in der Lage, die Gewebeskala und die Selbstorganisation menschlicher Krankheiten zu reproduzieren.

Entwicklung eines mesoskopischen 3D-In-vitro-Tumormodells mit einer selbstorganisierenden vaskularisierten Matrix

Anders ist dies beim dem von dem genannten Forscherteam neu entwickelten, mittels Bioprinting hergestellten, künstlichen Tumormodell. Es kann selbstorganisiert Endothel- und Stromazellen in durchblutete und funktionelle Gefäßstrukturen ausbilden. Prof. Kiessling erklärt: „Unser Modell verwendet 3D-gedruckte Hydrogel-Matrizen, um multizelluläre Tumorsphäroide, also kugelförmige Aggregate, die aus mehreren Tausenden Tumorzellen entstehen, einzubetten. Sie können auf mesoskopischen Skalen wachsen und mit Endothelzellen interagieren. Wir konnten zeigen, dass angiogene multizelluläre Tumorsphäroide das Wachstum eines vaskulären Netzwerks fördern, was wiederum das Wachstum von ko-kultivierten Tumorsphäroiden weiter anregt.“ 

Der In-vitro-Prozess funktioniert wie folgt: Die selbst entwickelte Gefäßstruktur infiltriert die Tumorsphäroide, bildet funktionelle Verbindungen mit dem biogedruckten Endothel und kann von Erythrozyten durchblutet werden. Darüber hinaus wandern Krebszellen spontan aus dem Tumorsphäroid durch das selbst geschaffene Gefäßnetzwerk in das zirkulierende Kulturmedium. Tumortyp-spezifische Merkmale wie Desmoplasie, Angiogenese und Metastasierungsneigung zwischen Patientenproben und Tumoren bleiben dabei erhalten.

Das neue Modell stellt einen Paradigmenwechsel innerhalb der Tumorforschung dar: „Insgesamt eröffnet unser modularer Ansatz neue Wege für die Untersuchung der Pathophysiologie von Tumoren und zellulärer Interaktionen und ist eine neuartige Plattform für fortschrittliche Arzneimitteltests, mit der gleichzeitig Tierversuche reduziert werden können“, fasst Prof. Kiessling zusammen.

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