Arbeitsgruppe „Device Development“

In  Deutschland  erkranken  jedes  Jahr  fast  500.000  Menschen neu an Krebs. Die Bezeichnung Krebs ist ein Sammelbegriff für die Gruppe der malignen (bösartigen) Tumorerkrankungen. Ihr gemeinsames Merkmal ist das unkontrollierte Wachstum von Tumorzellen, die gesundes Gewebe verdrängen und zerstören können (vgl. „Krebs in Deutschland“, Robert Koch Institut).

Mit fast 230.000 Krebstoten im Jahr 2016 sind maligne Tumoren die zweithäufigste Todesursache. Aufgrund der Änderung der demographischen Verhältnisse wird bis 2050 mit einem Anstieg der Prävalenz von Krebserkrankungen um ca. 30 % gerechnet. Häufigster Sitz von Metastasen ist die Leber: Bei zahlreichen Tumorerkrankungen ist gerade die Lebermetastasierung ein maßgeblicher Faktor für das Überleben des Patienten. Die epidemiologischen Maßzahlen steigen bei diesem Organ besonders stark an.

Das Thema Tumortherapie ist daher nicht nur aktuell, sondern auch durch signifikant steigende Fallzahlen, verbunden mit Grenzen und Nebenwirkungen der aktuellen Behandlungsmethoden, gesellschaftlich relevanterer denn je. Aktuelle Forschungen versuchen sich dem Thema von biologischer und technischer Seite anzunehmen, und genau das ist der Schwerpunkt dieser Forschungsgruppe:

Tumortherapie hat traditionell drei Säulen: „Stahl“ (chirurgische Entfernung am offenen Körper), „Strahl“ (Strahlentherapie) und „Chemie“ (Chemotherapie). Diese traditionellen Säulen werden seit einigen Jahren durch eine vierte Säule ergänzt: Techniken der Minimal-invasive Chirurgie (MIC) gewinnen derzeit deutlich an Bedeutung. Alle Verfahren dieser Gruppe haben gemeinsam, dass die Behandlung des Patienten möglichst nur eine kleine Verletzungen verursacht (z. B. nur einen Einstich). In der Regel werden nadelförmige Instrumente durch die Haut in den Körper eingeführt und dann bis zum Zielorgan bzw. bis zum Tumor vorgeschoben. Klinisch etablierte Verfahren dieser Gruppe sind Radiofrequenzablation (RFA), Mikrowellenablation (MWA) und Kryoablation. Alle drei sind thermische Ablationsverfahren: Bei der RFA wird z. B. das Gewebe durch Joulesche Erwärmung soweit erhitzt, dass der nicht-natürlichen Zelltod eintritt (Nekrose). Nachteile thermischer Verfahren sind u.a. dass die Hitze durch den Blutfluss abtransportiert wird, so dass die Behandlung unvorhersehbar scheitern kann. Nahe Blutgefäße können durch die thermischen Effekte ebenfalls zerstört werden, was die Behandlung von Tumoren bzw. Metastasen in der Nähe größerer Gefäße unmöglich macht.

Nicht-thermische Ablationsverfahren haben genau diese Nachteile nicht:  Mithilfe des biologischen Verfahrens der Elektroporation (EP) können präzise definierte Gewebebereiche irreversibel zerstört oder zur gesteigerten Aufnahme pharmakologisch wirksamer Substanzen reversibel verändert werden. Das Verfahren basiert auf der Erzeugung gepulster elektrischer Felder im Zielgewebe, wobei die elektrische Feldstärke ein maßgeblicher Faktor für den Erfolg ist (vgl. Abbildung: Per Computersimulation vorhergesagte elektrische Feldverteilung, ohne gezielt auf die Zahlenwerte der Feldstärke einzugehen). EP induziert in die Zellmembran sog. Nanoporen. Je höher die angelegte Feldstärke, desto größer wird der Durchmesser der Poren. Auf EP basieren die klinischen Verfahren Elektrochemotherapie (ECT) und Irreversible Elektroporation (IRE). Beide sind minimal-invasiv einsetzbar und stellen gerade für Patienten, bei denen andere Verfahren ausgeschlossen oder zu belastend sind, eine aussichtsreiche Behandlungsalternative bis hin zu erstmaligen Heilungsaussichten dar.

Die aktuell im klinischen Einsatz befindlichen Verfahren haben aber auch einige Nachteile wie eine deutlich größere Behandlungsdauer und eine höhere Patientenbelastung. Das Potential von EP in der Tumortherapie ist aber weitaus höher, nur mit derzeitigen Geräten weder erzielbar noch erforschbar. Die Forschungsgruppe „Device Development“ hat eine neue Sonde entwickelt (vgl. Foto unten), mit der einerseits die Nachteile aktueller Verfahren beseitigt werden sollen und andererseits die Grundlagen der EP weiter erforscht werden können.

Bei Fragen bezüglich der Forschungsprojekte, Masterarbeiten für Ingenieure und Naturwissenschaftler oder Doktorarbeiten für Mediziner können Sie uns jederzeit gerne kontaktieren:

Dr.-Ing. Andreas Ritter
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