Epilepsiechirurgie

Die Epilepsie ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen weltweit. Auch wenn in vielen Fällen eine medikamentöse Behandlung zu einer Anfallsfreiheit führen kann, leiden ca. 30% der betroffenen Patientinnen und Patienten weiter an epileptischen Anfällen. Eine nicht erfolgreich behandelte Epilepsie führt nachweislich zu einer Verschlechterung der Lebensqualität, sozialer Stigmatisierung und verkürzter Lebenserwartung. Man spricht hier von medikamentös therapierefraktären Epilepsien.

Wenn, bei derart betroffenen Patienten, die Epilepsie an einer bestimmten Stelle im Gehirn entsteht (sog. fokale Epilepsie), kann nach ausführlicher prächirurgischer Epilepsiediagnostik in der Epileptologie/Neurologie ggf. ein epilepsiechirurgischer Eingriff durchgeführt werden. Dieses individuelle Therapieangebot wird von einem interdisziplinären Team bestehend aus Epileptologen, Neuropsychologen, Neurochirurgen und Neuroradiologen erarbeitet.

Das Hauptziel der Epilepsiechirurgie ist das Erreichen einer kompletten Anfallsfreiheit bei gleichzeitiger Schonung wichtiger Hirnarealen und Funktionen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden moderne, operative Techniken (Neuronavigation, Fasserbahndarstellung, Neuromonitoring, Transkranielle Magenetstimulation (TMS) zur Kartierung von Motor- und Sehrinde) kombiniert und angewandt, um bei größtmöglicher Sicherheit optimale Ergebnisse im Hinblick auf Anfallsfreiheit zu erreichen.

Die Aachener Neurochirurgen mit ihrem Direktor Professor Hans Clusmann verfügen über eine langjährige und weitreichende Erfahrung bei der operativen Behandlung von medikamentös therapierefraktären fokalen Epilepsien. Prof. Hans Clusmann aus dem Aachener Epilepsiechirurgie Team ist international anerkannt, was auch in der Verfassung von Epilepsiechirurgie - Standardliteratur, Buchkapiteln und Operationsanleitungen zu diesem Thema Ausdruck findet. Wegen dieser herausragenden Expertise bietet das Aachener Team solche anspruchsvollen Epilepsieoperationen nicht nur regional, sondern auch national und internationalen Patientinnen und Patienten an.

Bildlegende: Die Bilder auf der linken Seite zeigen Kernspintomografien mit einem größeren typischerweise gutartigen Tumor, der eine medikamentös therapierefraktäre Epilepsie ausgelöst hat. Rechts das Bild nach epilepsiechirurgischer Tumorentfernung und Anfallsfreiheit des Patienten. In solchen Fällen besteht durchaus eine gute Chance auf dauerhaft Heilung – sowohl vom Tumor als auch von der Epilepsie.

Prächirurgische Epilepsiediagnostik

Die Sektion Epileptologie in der Klinik für Neurologie verfügt über modernste technische Ausstattung. Die 8 Video-EEG-Ableitungsplätze ermöglichen die Durchführung von komplexen nicht-invasiven und invasiven diagnostischen Verfahren zur Klärung der Epilepsieentstehung. 

Indikationen

  • Hippocampussklerose
  • Fokale kortikale Dysplasie
  • Epilepsie-assoziierte Tumore
  • Extratemporale Läsionen
  • Malformationen der kortikalen Entwicklung
  • MRT-negative Epilepsie (ohne sichtbare Läsion)

Epilepsiechirurgische Eingriffe

Temporale Lobektomie / Läsionektomie – Bei diesem Eingriff werden Teile des vorderen Schläfenlappens entfernt. Dieser Eingriff kann mit Entfernung von Amygdala und Hippocampus kombiniert werden.

Selektive Amygdalohippocampektomie - Bei diesem Eingriff werden selektiv die temporo-mesialen Strukturen Amygdala und Hippocampus entfernt. Die präoperative Darstellung der Sehbahn sowie die intraoperative Überwachung mit visuell evozierten Potentialen (VEPs)  erlauben eine patienten-orientierte Auswahl des operativen Zugangwegs um postoperativen Gesichtsfelddefizite zu vermeiden. Eine anspruchsvolle Operation, aber für den Funktionserhalt besonders schonendes operatives Vorgehen, das nur von Operateuren mit entsprechender langjähriger Erfahrung durchgeführt wird.

Extratemporale Läsionektomie - Bei diesem Eingriff wird gezielt der Anfallsgenerator außerhalb des Temporallappens entfernt. Für die präzise Lokalisation des Anfallsgenerators werden unterschiedlichen bildgebenden und funktionelle (u.a. EEG) Verfahren verwendet.

Funktionelle Hemisphärektomie - kommt meist dann in Frage, wenn eine gesamte Hirnhälfte häufig seit der Kindheit geschädigt ist: Bei diesem Eingriff werden auf einem schonenden „minimalinvasiven“ Weg die epileptogenen Hirnarealen einer gesamten Hirnhälfte vom gesunden Hirn abgetrennt, so dass die gesunden Hirnbereiche dann ohne epileptische Anfälle wieder besser funktionieren können.

Implantation eines Vagus-Nerv-Stimulators – Durch die Implantation des Stimulators im Halsbereich links wird die epileptogene Aktivität des Gehirns herabgesetzt - ein schonendes Verfahren, das nur einen sehr kurzen Krankenhausaufenthalt erfordert. Hierdurch erreicht man häufig eine deutliche Besserung der Anfallssituation, aber selten völlige Anfallsfreiheit.

Tiefenhirnstimulation (ANT-DBS) - Bei diesem Verfahren werden Tiefenelektroden im Gehirn stereotaktisch implantiert. Anschließend soll die Entstehung der Anfälle über Stimulation von einem bestimmten Hirnkern (Nucl. anterior thalami) verhindert werden.

Ablauf

In der Regel erfolgt zunächst die Abklärung der Epilepsie in der Sektion Epileptologie der Klinik für Neurologie. Alle Patienten, bei denen ein diagnostischer oder therapeutischer Eingriff indiziert ist, werden in der Sprechstunde für Funktionellen Neurochirurgie und Epilepsiechirurgie (Tel: 0241 80-88483) ambulant vorgestellt und beraten. Dort erfolgt die neurochirurgische und anästhesiologische Aufklärung, sowie Durchführung weiterer für die Operation notwendiger Untersuchungen.  

Ansprechpartner

Ansprechpartner: Univ.-Prof. Dr. med. Hans Clusmann, Priv.-Doz. Dr. med. Daniel Delev

Sprechstunde

Sprechstunde: Mittwochs, 9:00-15:00, 3. Etage, Flur 5, Anmeldung: 0241 80-88483

Kooperationen

Die Arbeitsgruppe Epilepsiechirurgie steht in enger Kooperation mit den folgenden Kliniken

  • Sektion Epileptologie (Prof. Dr. Weber), Klinik für Neurologie der Uniklinik RWTH Aachen (Prof. Schulz) 
  • Department of Neurosurgery, Academisch Ziekenhuis UCM Maastricht, NL (Prof. Y. Temel, Dr. O. Schjins)
  • Akademisches Zentrum für Epilepsie Kempenhaeghe, NL (Dr. A. Colon)

Forschung

  1. Visualization of optic radiation using TMS-seeded tractrography
  2. Preoperative nTMS- and DTI-based fiber tracking of visual pathways – proof of principle, clinical application and correlation with intraoperative VEPs and postoperative visual field defects
  3. Transcriptomic signatures in hippocampus sclerosis
  4. Value of Ultra High filed MRI for lesion detection in patients with suspected focal epilepsy and negative 3T MRI
  5. Epilepsy associated tumors – clinical and molecular-genetic characteristics.