Neue Sammlung von Darmbakterien eröffnet Forschungsmöglichkeiten

Wenn es um die Gesundheit geht, verdient der Darm ein besonderes Augenmerk. Denn im Darm befindet sich ein Großteil der Immunzellen im gesamten Körper, die sehr eng mit einer hohen Vielfalt an Mikroorganismen (die Darmmikrobiota) interagieren. Dies gilt nicht nur für den Menschen, sondern auch für viele Tiere. Ein Forscherteam der Uniklinik RWTH Aachen um Univ.-Prof. Dr. rer. nat Thomas Clavel, Leiter der Arbeitsgruppe Funktionelle Mikrobiomforschung am Institut für Medizinische Mikrobiologie an der Uniklinik RWTH Aachen, hat nun erstmals ausführlich das Darmmikrobiom von Schweinen mittels Kultivierung und Metagenomik beschrieben. Die Studie wurde in der renommierten Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.

Im Darm von Säugetieren sind ein bis zwei Drittel der prokaryotischen Vielfalt (Lebewesen ohne Zellkern) noch nicht beschrieben. Dabei ist das Wissen über das Mikrobiom vor allem bei den Tierarten wichtig, die für die biomedizinische Forschung und Landwirtschaft eine Rolle spielen. Um diese Wissenslücke zu schließen, haben Prof. Dr. rer. nat Thomas Clavel und sein Team die Darmmikrobiota von Schweinen analysiert und dabei viele neuartige Bakteriengruppen (Taxa) – und damit auch die Funktionen dieser Bakterien – kultiviert und beschrieben.

Die entstandene Sammlung enthält 110 Arten in 40 Familien und neun Bakterienstämmen (Phyla). Sie bietet taxonomische Beschreibungen für 22 neuartige Arten und 16 Gattungen. Eine Meta-Analyse von 16S rRNA-Amplikon-Sequenzdaten und metagenom-assemblierten Genomen zeigt weit verbreitete und schweinespezifische Spezies innerhalb von Lactobacillus, Streptococcus, Clostridium, Desulfovibrio, Enterococcus, Fusobacterium sowie mehrere neue Gattungen. Zu den potenziell wichtigen Funktionen, die in diesen Organismen entdeckt wurden, gehören eine neue Fucosyltransferase, die interessante biotechnologische Perspektiven zur Erstellung synthetischer Oligosacchariden eröffnet, und weit verbreitete Gencluster für die Biosynthese von sactipeptidartigen Peptiden mit potentiellen antimikrobiellen Eigenschaften.

Diese öffentliche Sammlung dient nun als Grundlage für experimentelle Studien, die darauf abzielen, die Ökologie der Darmmikroben zu verstehen sowie die Mikroben-Wirt-Interaktionen mithilfe von in vitro- und in vivo-Systemen zu untersuchen. Darüber hinaus erforscht das Team die Verwendung synthetischer Isolatengemeinschaften zur Verbesserung der Tiergesundheit. Dieses Therapieverfahren kann in einer auf den Menschen angepassten Form beispielsweise als Alternative zur Fäkalmikrobiota-Transplantation verwendet werden.

Die Stammsammlung, genannt „Pig intestinal bacterial collection“ (Schweinedarmbakteriensammlung) (PiBAC), ist auf www.dsmz.de/pibac zugänglich.

The press release in English can be found here.

Die Publikation in Nature Communications finden Sie hier. 

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