Dentoalveoläre Chirurgie

Unter dem Begriff der dentoalveolären Chirurgie versteht man operative Eingriffe, die im Bereich der Zähne (lateinisch: Dens) und des Zahnhalteapparates (lateinisch: Alveole) durchgeführt werden. Die dentoalveoläre Chirurgie beinhaltet:

  • Extraktion und operative Zahnentfernung:
    Die Entfernung von nichterhaltungswürdigen Zähnen ist weltweit einer häufigsten Maßnahmen unseres Fachbereiches. Hierzu gehören die einfache Zahnextraktion und die operative Zahnentfernung (z.B. verlagerte Weisheitszähne). Die operative Weisheitszahnentfernung ist bei sogenannten retinierten oder verlagerten Weisheitszähnen sowie bei Platzmangel innerhalb des Zahnbogens indiziert. „Retiniert“ bedeutet, dass die Zähne tief im Knochen liegen und so keine Kaufunktion übernehmen können. „Verlagert“ steht für eine abnorme Achsstellung (Kippung) des Zahnes. Bei einer einfachen Zahnextraktion wird der nicht erhaltungswürdige Zahn mittels einer Zange extrahiert. In diesem Fall ist eine Naht nicht immer erforderlich. Bei einer operativen Entfernung eines retinierten und verlagerten Zahnes muss das Zahnfleisch aufgeklappt und eine Knochenabtragung mittels rotierender Instrumente durchgeführt werden. Die Mundschleimhaut wird am Ende des Eingriffs zurückverlagert und vernäht.
    Entzündungen, Zystenbildung aber auch Kieferfrakturen können Folge eines nicht entfernten retinierten und verlagerten Zahnes sein. Um solche Komplikationen zu vermeiden, ergibt sich die Indikation für die operative Entfernung eines Zahnes auch ohne Schmerzsymptomatik.
  • Operative Zahnfreilegung:
    Eine Zahnfreilegung stellt eine Alternative zur operativen Entfernung eines Zahnes dar, der keine pathologische Veränderung aufweist und den Durchbruch zur Mundhöhle nicht oder nur teilweise geschafft hat. Der Zahn wird normalerweise nach der Freilegung mit einem speziellen Bracket beklebt und vom Kieferorthopäden an die gewünschte Position gezogen. Der chirurgische Eingriff besteht aus der Darstellung der Zahnkrone durch Abtragung von Knochen über bzw. um den retinierten und verlagerten Zahn sowie die Befestigung eines kieferorthopädischen Brackets an der Zahnkrone.
  • Hemisektion und Wurzelamputation:
    Eine weitere Möglichkeit der chirurgischen Zahnerhaltung stellt die Hemisektion bei Unterkiefermolaren sowie die Trisektion bei Oberkiefermolaren dar. Unter einer Hemisektion versteht man die Halbierung eines Zahnes. Hierbei wird der Zahn in seiner Bifurkation durchtrennt. Grundsätzlich besteht bei Unterkiefermolaren die Möglichkeit, beide Hälften der Zähne bzw. beide Wurzeln nach Hemisektion zu belassen. Sollte eine Wurzel nicht erhaltungswürdig sein, kann diese Wurzel entfernt werden. Die vollständige Entfernung einer Wurzel eines mehrwurzeligen Zahnes wird Wurzelamputation genannt. Wird die Segmentierung der Wurzeln bei Oberkiefermolaren durchgeführt, spricht man über eine Trisektion. Bei Oberkiefermolaren wird normalerweise die Trisektion zum Zweck einer Wurzelamputation vorgenommen. In diesem Fall kann in ausgewählten Fällen die Zahnkrone intakt bleiben.
  • Wurzelspitzeresektion:
    Falls eine dentale Entzündung lediglich zu einer apikalen Knocheninfektion geführt hat, kann zunächst eine Wurzelkanalbehandlung durchgeführt werden. Dies kann entweder zu einer Rückbildung der Entzündung und daher zu einer Ausheilung und erneutem Aufbau des apikalen Gewebes führen, oder es kann zu einer Chronifizierung der Entzündung mit Ausbildung eines apikales Granuloms oder eine Zyste kommen. Normalerweise ist diese chronische Entzündung auf die Tatsache zurückzuführen, dass sich im apikalen Bereich der Wurzel Ramifikationen und Seitenkanäle befinden, die der konventionellen Wurzelkanalaufbereitung unzugänglich sind, sodass selbst bei einer optimalen Wurzelfüllung ein Anteil von Bakterien verbleibt und dies der Grund für eine erneute Entzündung im apikalen Bereich ist. Um die chronische Entzündung beseitigen und den Zahn erhalten zu können, kann eine Wurzelspitzenresektion (WSR) durchgeführt werden. Bei einer WSR wird die Wurzelspitze des schuldigen Zahnes mit dem umgebenen Entzündungsgewebe entfernt. Um eine Abdichtung des Wurzelkanals zum Kieferknochen zu gewährleisten und damit ein erneutes Entstehen der Entzündung zu vermeiden, besteht die Möglichkeit einer sogenannten retrograden Wurzelfüllung im Rahmen der Operation. Diese wird bei uns aus Qualitätsgründen ausschließlich unter einem OP-Mikroskop durchgeführt.
  • Zystenoperationen:
    Durch entzündliche Reize ist eine Entstehung von sogenannten Zysten, gutartigen knochendestruierenden Neubildungen, möglich, deren zeitnahe operative Entfernung ebenfalls anzuraten ist. Bei der sogenannten Zystektomie wird die gesamte Zyste entfernt. Eine Zystektomie kann aufgrund der Nachbarschaft zu wichtigen anatomischen Strukturen wie Nerven oder benachbarten Zähnen eine mitunter aufwendige oder komplizierte Operation darstellen, die bei entsprechender Zystengröße auch eine Knochentransplantation (z. B. vom Beckenkamm) erfordern kann. Die sogenannte Zystostomie, bei der der Zystenhohlraum zu einer Nebenbucht der Mundhöhle wird, ist vor dem Hintergrund moderner, rekonstruktiver Verfahren nur noch selten indiziert. Wenn ein oder mehrere Zähne für die Entstehung einer Zyste verantwortlich sind, sollte die Zystektomie mit der Entfernung oder der Wurzelspitzenresektion der schuldigen Zähne einhergehen. Aufgrund der Möglichkeit des Wiederauftretens mancher Zysten sollten nach der Operation regelmäßige entsprechende röntgenologische Verlaufskontrollen erfolgen.
  • Zahntransplantation:
    Heutzutage stellt die autogene bzw. körpereigene Zahntransplantation bei vorzeitigem Verlust sowie bei der Nichtanlage bleibender Zähne eine in der Zahnmedizin vorhersagbare und empfehlenswerte Methode für den Zahnerhalt, insbesondere im jugendlichen Gebiss dar. Es geht um eine Verpflanzung von Zähnen bzw. Zahnkeimen in ein an anderer Stelle des Kieferknochens geschaffenes Zahnbett oder in das Zahnfach eines zuvor entfernten Zahnes. Aus biologischer Sicht sind transplantierte Zähne dentalen Implantaten unbedingt vorzuziehen. Voraussetzungen für eine erfolgreiche Therapie sind eine gute Mundhygiene, geeignete Kieferrelations- sowie Weichteilverhältnisse, und natürlich eine in allen Dimensionen passende Empfängerregion. Darüber hinaus sollten mindestens 2/3 der normalen Wurzellänge ausgebildet sein, damit das Risiko späterer Schmelzdefekte und ein vermindertes Wurzelwachstum verringert werden. Das beste Alter für eine Zahntransplantation liegt zwischen dem 10. und 25. Lebensjahr. Die Operationstechnik besteht aus der Vorbereitung der Empfängerregion durch die zahnfachartige Vertiefung im Kieferknochen sowie der operativen schonenden Entfernung und der Transplantation und Stabilisierung des Zahnkeimes in der Empfängerregion. Eine Schienung für 14 Tage zur Stabilisierung des Zahnkeims ist gegebenenfalls notwendig. Die Verlaufskontrollen sollen im ersten postoperativen Jahr alle 3 Monate erfolgen.