Sprachtherapeutische Förderung von Patienten mit Lippen-Kiefer-Gaumen-Segel-Fehlbildungen

Patienten mit Lippen-Kiefer-Gaumen-Segel-Fehlbildungen (LKGS) können einer komplexen Störungsproblematik der Nahrungsaufnahme, des Hörens, der Sprachentwicklung, der Aussprache sowie des Stimmklangs unterliegen.

Neben der Darstellung des sprachlichen Frühförderkonzeptes im Säuglings- und Kleinkindalter werden weiterführende sprachtherapeutische Fördermöglichkeiten bis zum Erwachsenenalter aufgezeigt.


Der Abteilungsbereich Logopädie der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie bietet folgendes Leistungsspektrum an:

Anbindung der Familien an ein 3-stufiges Frühförderkonzept i.A.a. Neumann, S. (2010)

Die bereits im Säuglingsalter einsetzende Unterstützung der Sprachentwicklung soll Beeinträchtigungen im kommunikativ-sozialen sowie sprachlichen Bereich vorbeugen und idealerweise verhindern.

Mögliche Sprachentwicklungsstörungen sollten frühzeitig erkannt und mit effektiven sprachtherapeutischen Methoden behandelt werden.

Die gezielte Behandlung im orofazialen Bereich nach dem Castillo Morales Konzept stellt einen Therapiebaustein dar, der dem Kind hilft seine orale Entwicklungsphase komplikationsloser zu durchlaufen.

Stufe 1: Geburt bis 12.-18. Lebensmonat

  • Erstberatungsgespräch in der logopädischen Fachambulanz:
    • Aufklärung zur Sprachentwicklung und möglichen Auffälligkeiten bei LKGS
    • Still- und Ernährungsberatung
    • Zusammenarbeit mit Frühförderstellen (bei Kindern mit Syndromen)
    • Folgeberatung in größeren Abständen (ca. 3-6 Monate) bis zum 18. Lebensmonat
  • Fakultativ Orofaziale Regulationstherapie (ORT) nach Castillo Morales während der Behandlung mit der MNT-Platte zur:
    • Verbesserung der Saug- und Schluckfunktion des Säuglings
    • Vermittlung sensorischer Empfindungen über Berührungsreize, die vom „Erfahrungsgedächtnis“ des Kindes positiv bewertet werden und seine sensomotorische Entwicklung fördern
  • Gewöhnung an die veränderte anatomisch-funktionelle Situation nach erfolgter Lippenplastik


Stufe 2:  12.-18. Lebensmonat bis zum 3. Lebensjahr

  • Nach der Gaumen-Segel-Operation Wiedervorstellung in der logopädischen Fachambulanz zur Fortsetzung der Beratung innerhalb des sprachlichen Frühförderkonzeptes
     

Stufe 3:  Ab 2 Jahre spätesten mit 3 Jahren (bis zur Einschulung)

  • Erste dokumentierte Förderdiagnostik
  • Ggf. Beginn der ambulanten Therapie mit dem Kind und den Eltern:
    • Frühe Sprachanbahnung bei Risikokindern für die Ausbildung einer Sprachentwicklungsstörung
    • Behandlung von Kindern, die ein muskuläres Ungleichgewicht im orofazialen Bereich zeigen, wie z.B. Zungenfehlfunktion oder Probleme beim Mundschluss
    • gezielte Lautanbahnung (Artikulationstherapie)
    • enge Kooperation mit externen sprachtherapeutischen Praxen und Frühförderstellen sowie Kindergärten
    • halbjährliche sprachtherapeutische Wiedervorstellung zur Entwicklungskontrolle


Die weiterführende Förderung umfasst folgende sprachtherapeutische Aufgabenfelder:

Zwischen 5. und 7. Lebensjahr (vor der Einschulung):

  • Komplexe sprachtherapeutische Analyse (Dokumentation) zur Indikationsstellung einer Velopharyngoplastik (VPP) im interdisziplinären Entscheidungsprozess mit Phoniatrie und behandelnden Sprachtherapeuten
     

Ab dem 6. Lebensjahr:

  • Sprachtherapeutische Behandlung nach erfolgter VPP mit dem Ziel der Gewöhnung an die veränderte anatomisch-funktionelle Situation
  • Sprachtherapeutische Kontrolle ein Jahr nach erfolgter VPP (Dokumentation)
  • Interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Kieferorthopäden bei bestehender Zungenfehlfunktion bzw. der Anpassung von kieferorthopädischen Apparaturen
     

Zwischen dem 15. und 18. Lebensjahr:

  • Sprachtherapeutische Abklärung vor einer geplanten Oberkiefer-Ostotomie
  • Sprachtherapeutische Abschlusskontrolle (Dokumentation)


Literatur:
Neumann, S. (2010): Frühförderung bei Kindern mit Lippen-Kiefer-Gaumen-Segel Fehlbildungen. Die Möglichkeit der Prävention von Sprechauffälligkeiten. 3. Aufl. Schulz-Kirchner Verlag, Idstein
Türk, C., Söhlemann, S., Rummel, H. (Hrsg.) (2012): Das Castillo Morales Konzept. Thieme, Stuttgart
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