Forschung für die Zukunft der Kieferrekonstruktion: Roboterassistenz als vielversprechende Alternative zu 3D-Schablonen

An der Uniklinik RWTH Aachen wurde in einer aktuellen Studie ein innovatives Verfahren zur Unterstützung bei komplexen Kieferrekonstruktionen erforscht – mit Hilfe eines sogenannten kollaborativen Roboters.

Die Forschungsergebnisse sind das Ergebnis einer Interdisziplinären Zusammenarbeit der Klinik für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie, dem Helmholtz-Institut -Lehrstuhl für Medizintechnik und dem Institut für Medizinische Informatik an der Uniklinik RWTH Aachen, sowie dem IKIM - Institute for Artificial Intelligence in Medicine an der Universität Duisburg-Essen.

 

Hintergrund: Was ist das Problem? 

Bei schweren Erkrankungen oder Verletzungen des Kiefers muss oft ein Stück Knochen, zum Beispiel ein Knochentransplantat vom Beckenkamm (sog. DCIA-Flap – Deep Circumflex Iliac Artery Flap) entnommen und zur Wiederherstellung des Kiefers verwendet werden. Damit dies möglichst präzise und sicher gelingt, werden heutzutage spezielle, individuell hergestellte 3D-Schneideschablonen verwendet. Diese haben jedoch einige Nachteile:

  • Sie müssen aufwendig im Voraus geplant und produziert werden
  • Sie benötigen eine invasive Befestigung am Knochen
  • Sie lassen kaum Spielraum für kurzfristige Änderungen während der Operation
     

Was wurde erforscht?

Die neue Studie hat untersucht, ob ein kollaborativer Roboter – also ein Roboter, der direkt mit der Chirurgin oder dem Chirurgen zusammenarbeitet – diese Aufgaben übernehmen kann. Der Roboter soll die Knochen präzise zuschneiden, ohne dass dafür eine fest montierte Schablone notwendig ist.

In einem Experiment schnitten 40 Testpersonen auf künstlichen Beckenmodellen Knochenstücke aus – einmal mit der herkömmlichen 3D-Schablone, einmal mit dem neuen Roboterverfahren. Dabei wurde gemessen, wie genau die Schnitte waren, wie lange sie dauerten und wie die Nutzer das neue System bewerteten.
 

Die wichtigsten Ergebnisse

  • Präzision: Der Roboter war deutlich genauer als die herkömmliche Schablone – die Abweichungen vom gewünschten Schnittwinkel waren im Schnitt weniger als halb so groß.
  • Flexibilität: Durch den Wegfall der festen Schablone ist das Verfahren weniger invasiv und erlaubt mehr Freiheiten während des Eingriffs.
  • Benutzerfreundlichkeit: Die Testpersonen bewerteten die Handhabung des Roboters positiv.
     

Was bedeutet das?

Das neue Verfahren ist ein Ansatz, in Zukunft Operationen am Kiefer schonender, flexibler und noch präziser machen. Das Verfahren befindet sich jedoch noch in einem sehr frühen Forschungsstadium und es sind noch viele weitere Schritte notwendig, bevor es in realen Operationen am Menschen eingesetzt werden kann

 
Fazit

Roboterassistenz in der Chirurgie ist längst keine Zukunftsmusik mehr, sondern bietet neue Chancen für eine moderne und patientenorientierte Medizin. Diese Forschung legt den Grundstein für innovative Techniken, die die rekonstruktive Chirurgie sicherer und individueller machen können.

 

Zur Publikation: Becker P, Li Y, Drobinsky S, Egger J, Xie K, Rashad A, Radermacher K, Röhrig R, de la Fuente M, Hölzle F, Puladi B. Development and validation of collaborative robot-assisted cutting method for iliac crest flap raising: Randomized crossover trial. Sci Rep. 2025 May 15;15(1):16909. doi: 10.1038/s41598-025-01293-8

© Behrus Puladi

Für Presserückfragen wenden Sie sich bitte an:

Uniklinik RWTH Aachen
Stabsstelle Unternehmenskommunikation
Dr. Mathias Brandstädter
Tel. 0241 80-89893
kommunikationukaachende