Joel Selkrig (Institut für Medizinische Mikrobiologie, Medizinische Fakultät) und Gaia Tavosanis (Lehrstuhl für Entwicklungsbiologie, Biologische Fakultät) haben einen ERS Seed Fund der RWTH Aachen für ihr gemeinsames Projekt „Micro-Pain: Mechanisms of Microbe-Dependent Pain Perception“ erhalten. Die Ausschreibung erfolgte im Rahmen einer spezifischen thematischen Ausschreibung für „Bioinspirierte sensorische Systeme“. Diese Auszeichnung unterstützt die frühe Entwicklung innovativer, interdisziplinärer Forschung, die eine Brücke zwischen Mikrobiologie und Neurowissenschaften schlägt und es dem Team ermöglicht, mutige neue Fragen in der sensorischen Biologie zu verfolgen.
Das Projekt Micro-Pain will herausfinden, wie bestimmte Darmbakterien und ihre molekularen Produkte die Schmerzwahrnehmung beeinflussen, ein entscheidender, aber noch nicht ausreichend erforschter Aspekt der Interaktionen zwischen Wirt und Mikroben. Trotz erheblicher Fortschritte beim Verständnis der Darm-Hirn-Achse sind die genauen molekularen Mechanismen, durch die Mikroben die Schmerzempfindlichkeit beeinflussen, nach wie vor kaum bekannt. Durch die Nutzung des genetisch vertretbaren Modells Drosophila melanogaster, das ein einfaches Mikrobiom beherbergt, das von nur wenigen Bakterienarten dominiert wird, wird dieses Projekt systematisch die Auswirkungen einer Vielzahl einzelner Bakterienstämme und -arten auf nozizeptive Reaktionen testen - Erkenntnisse, die mit Säugetiermodellen kaum zu gewinnen wären.
Zur Durchführung dieser ehrgeizigen Forschungsarbeiten wird das Team mikrobiologische Techniken kombinieren: halbautomatische Isolierung und Identifizierung von Bakterienarten, keimfreie Aufzucht von Fliegen und mikrobielle genetische Manipulation mit fortschrittlichen Verhaltenstests zur Messung thermischer Schmerzreaktionen. Dazu gehört die Entwicklung eines Wärmeplattentests zur Quantifizierung der Empfindlichkeit von Drosophila-Larven gegenüber schädlichen Reizen. Spezifische Bakterienstämme, die aus Fliegen - und darüber hinaus - isoliert wurden, werden in diese Modelle eingeführt, um diejenigen zu identifizieren, die die Schmerzwahrnehmung modulieren. Die Ergebnisse werden die Grundlage für genomweite bakterielle Screens bilden und neue Wege zum Verständnis des molekularen Dialogs zwischen Darmmikroben und sensorischen Neuronen eröffnen.
Dieser ERS Seed Fund ermöglicht die Integration von komplementärem Fachwissen in der Mikrobiologie und den sensorischen Neurowissenschaften von Drosophila und fördert so ein interdisziplinäres Forschungsumfeld an der RWTH Aachen. Das Projekt stärkt nicht nur die Forschungskapazitäten vor Ort, sondern zielt auch darauf ab, Erkenntnisse zu gewinnen, die letztlich zu innovativen therapeutischen Strategien für die Schmerzbehandlung führen könnten. Durch die Verknüpfung von grundlegender Mikrobiologie mit sensorischen Neurowissenschaften verkörpert Micro-Pain den kollaborativen und zukunftsorientierten Geist der RWTH-Forschungsgemeinschaft.
Starttermin der Förderung 01.05.2025