Aachen gegen den Schlaganfall: Uniklinik RWTH Aachen präsentiert Ergebnisse der Großstudie zu unentdecktem Vorhofflimmern

Die deutschlandweite Resonanz auf die Aktion „Aachen gegen den Schlaganfall“ im Frühjahr 2017 war überwältigend. Die ganze Republik sprach über die gemeinsame Aktion der Uniklinik RWTH Aachen mit den lokalen Apotheken, bei der Aachener Bürgerinnen und Bürger mit einem EKG-Stab testen konnten, ob bei ihnen Vorhofflimmern, das als bedeutender Risikofaktor des Schlaganfalls gilt, vorliegt. Insgesamt ließen sich 7.295 Probanden ab 65 Jahre in einer der 90 teilnehmenden Apotheken testen – eine fantastische Resonanz. Heute wurden die Ergebnisse im Pressefoyer Haus Löwenstein am Markt präsentiert. Zudem wird das entstandene Paper demnächst in EUROPACE, einer der einflussreichsten kardiologischen Fachzeitschriften, veröffentlicht. Das Fazit der Studie: Über die Hälfte der Patienten, bei denen im Rahmen der Aktion ein Vorhofflimmern entdeckt wurde, wusste vorher nichts von der Erkrankung. Insgesamt konnte somit im Rahmen dieser Vorsorge-Studie bei 256 Aachenern Vorhofflimmern neu entdeckt werden.

Im Rahmen der systematischen Untersuchung konnte gezeigt werden, dass durch die einfache Vorsorgeuntersuchung per EKG-Stab auch Patienten mit bisher unbekannten Vorhofflimmern außerhalb von Arztpraxen oder Krankenhäusern entdeckt werden können – und das unter dem Motto „Ihre Minute gegen den Schlaganfall“ in nur 60 Sekunden pro Teilnehmer. Mit einem flächendeckenden Screening dieser Art könnten demnach nicht nur viele Leben gerettet, sondern auch hohe Folgenkosten für das Gesundheitssystem vermieden werden. 

Insgesamt wurden während der Erhebungsphase innerhalb von vier Wochen auswertbare Datensätze von 7.107 Bürgern gewonnen. Bei 6,1 Prozent der getesteten Personen wurde ein Vorhofflimmern diagnostiziert, 3,6 Prozent – und damit 256 Personen – wussten vor dem Test nichts von ihrer tückischen Erkrankung. Sie konnten in eine adäquate Behandlung überführt werden. „Dass die Dunkelziffer so hoch ist, ist eine wichtige Erkenntnis“, sagte Univ.-Prof. Dr. med. Nikolaus Marx, Direktor der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Internistische Intensivmedizin (Medizinische Klinik I) an der Uniklinik RWTH Aachen. „Vor allem vor dem Hintergrund, dass betroffene Patienten ein bis zu fünfmal höheres Risiko haben, einen Schlaganfall zu erleiden. Ist das Vorhofflimmern einmal erkannt, kann dem Schlaganfall durch eine medikamentöse Behandlung sehr effektiv vorgebeugt werden.“

Screening macht Sinn

„Vorhofflimmern ist ein bedeutender Risikofaktor für einen Schlaganfall, aber es wird häufig viel zu spät entdeckt. Uns ist daher wichtig, unentdecktes Vorhofflimmern früh zu diagnostizieren und so Patienten vor einem Schlaganfall zu schützen. Das war und ist das Ziel unserer Initiative ‚Aachen gegen den Schlaganfall‘“, erklärte Prof. Marx weiter. „Mit den Ergebnissen der Studie sind wir diesem Wunsch ein Stück näher gekommen, denn sie zeigen, dass ein flächendeckendes Screening auf Vorhofflimmern durchaus Sinn macht, weil die Menschen bis jetzt oft nur zufällig oder zu spät diese Diagnose erhalten.“ Dabei ist die Wahrscheinlichkeit, mit einem unerkannten und damit unbehandelten Vorhofflimmern im Folgejahr zu versterben, knapp dreimal so hoch wie ohne Vorhofflimmern; das Risiko, hospitalisiert zu werden, ist doppelt so hoch – auch das konnte in der Studie gezeigt werden. Zudem begünstigt das Vorhofflimmer auch Demenz, Herzinsuffizienz, Gebrechlichkeit sowie Depression und steigert in Interaktionen mit bereits bestehenden Erkrankungen die Morbiditiät und Mortalität der Patienten – viele gute Gründe also, dieses Leiden zu erkennen und zu behandeln.

Präsentation der Studienergebnisse

Zur Vorstellung der Studienergebnisse trafen sich nun noch einmal die beteiligten Wissenschaftler und Ärzte der Uniklinik RWTH Aachen, Gabriele Neumann, Vorsitzende des Apothekerverbands Aachen e. V., und der Schirmherr, Aachens Oberbürgermeister Marcel Philipp, die gemeinsam die Initiative „Aachen gegen den Schlaganfall“ ins Leben gerufen hatten.

Oberbürgermeister Marcel Philipp: „Ich bin sehr beeindruckt von den Ergebnissen der Aachener Studie, die somit zurecht eine bundesweite Resonanz erfährt. Was hier von Uniklinik und Apotheken im Schulterschluss auf die Beine gestellt wurde, ist ausgesprochen wertvoll. Wir erhalten den eindeutigen Beweis, dass ein breites Screening älterer Patienten hilfreich sein könnte, die Schlaganfallrate durch unentdecktes Vorhofflimmern zu reduzieren.“

Auch Gabriele Neumann äußerte sich zum Erfolg: „Die an der Aktion beteiligten Aachener Apothekerinnen und Apotheker und ihre Teams sind stolz darauf, einen wichtigen Beitrag zur Schlaganfall-Prävention geleistet zu haben. Die hohe Akzeptanz innerhalb der angesprochenen Zielgruppe zeigt, dass die Apotheke nach wie vor ein niederschwelliger Ansprechpartner ist.“

Das interdisziplinäre Studienteam besteht neben den Aachener Kardiologen der Uniklinik RWTH Aachen aus Ärzten und Wissenschaftlern der Klinik für Neurologie und dem Lehrgebiet Allgemeinmedizin. Prof. Marx: „Im Namen des gesamten Studienteams bedanke ich mich ganz herzlich bei unserem Schirmherren, Herrn Oberbürgermeister Philipp, sowie bei Gabriele Neumann und den vielen Kolleginnen und Kollegen in der Uniklinik und in den Apotheken für die Unterstützung. Ohne sie hätten wir nicht so viele Probanden rekrutieren können.“

Perspektive der Studie

„Wir hoffen, anhand der durch diese Studie erhobenen Daten auch in weiteren Bereichen der ambulanten Vorhofflimmerversorgung entscheidende Impulse geben zu können“, ergänzte Prof. Marx. „Die gewonnenen Daten ermöglichen neue Erkenntnisse für die Patientenversorgung und weitere Diagnostik nach einer auffälligen EKG-Messung. Darüber hinaus sollen sie Grundlage sein für eine noch größere Studie, in der wir in mehreren Städten gemeinsam mit den Apotheken untersuchen wollen, ob durch ein solches Screeningverfahren auch mittelfristig die Prognose verbessert werden kann.“

Konkret wurden im Rahmen dieser Untersuchung alle aufgezeichneten EKGs in einem mehrschrittigen Prozess von mehreren voneinander unabhängigen Untersuchern hinsichtlich der automatischen Analyse des Herzrhythmus geblindet untersucht. Dies erfolgte weltweit noch nie in diesem Umfang mit prospektiven Daten. Darüber hinaus wurden Metadaten über die Akzeptanz dieser Art der Vorsorgeuntersuchung bei Probanden, Apothekern, Allgemeinmedizinern erhoben, die relevante versorgungsmedizinische Aspekte aufgreifen. Diese und weitere zusätzlich erhobene Daten werden in folgenden Publikationen veröffentlicht.

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v. l.: Univ.-Prof. Dr. med. Nikolaus Marx (Direktor der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Internistische Intensivmedizin an der Uniklinik RWTH Aachen), Gabriele Neumann (Vorsitzende des Apothekerverbands Aachen e. V.) und Marcel Philipp (Oberbürgermeister der Stadt Aachen) präsentierten heute gemeinsam die Ergebnisse der Großstudie „Aachen gegen den Schlaganfall“.

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